Aus für Hilfe statt Strafe

■ Jugendkriminalität: Senat will künftig stärker als bisher auf Repressionen setzen

Die Justiz sei „zu lasch, zu lau, zu langsam“ – so machte Ex-Bürgermeister Henning Voscherau (SPD) die Innere Sicherheit im Mai 1997 zum Wahlkampfschlager. Eine Studie zur Jugendkriminalität belegte kurz vor den Wahlen im vergangenen September zu allem Überfluß, daß Hamburg im Umgang mit Jugendkriminalität besonders schlecht wegkommt. Eine „schonungslose Schwachstellenanalyse“ verlangte Voscherau und beauftragte vier SPD-Staatsräte.

Ein Jahr kreißte der Berg und gebar gestern ein Mäuslein. Es heißt „Leitlinien zur Bekämpfung von Jugendkriminalität.“ Den Inhalt des 13seitigen Papiers kann man in zwei Silben zusammenfassen: Blabla. Wenig überraschend, daß sich gestern kein Senator dazu hergeben wollte, das Konzept vorzustellen.

Nur die Staatsräte der Justiz-, Innen-, Jugendbehörde und der Senatskanzlei berichteten, wie lehrreich es war, daß man mal miteinander geredet habe. „Es war eine lebendige und zum Teil höchst kontroverse Arbeitssituation“, sagte Staatsrätin Gitta Trauernicht aus der Senatskanzlei. Teils verwundern die Ergebnisse: Künftig soll zum Beispiel mit jedem Ersttäter und seinen Eltern persönlich gesprochen werden. Bisher hat man das offenbar nicht für nötig gehalten. Auch ist man nun auf die Idee gekommen, daß Behörden, Bezirke und Polizei optimal zusammenarbeiten sollten. Wie stets, wenn man nicht weiter weiß, wird eine Arbeitsgruppe namens „Fachkommission“ gebildet.

Erst auf Nachfrage gaben die Staatsräte eine neue politische Linie zu erkennen. Das Konzept „Hilfe statt Strafe“ sei nicht mehr zeitgemäß, so Trauernicht. Statt einer „Überakzentuierung“ der Hilfe, soll nun ein „ausgewogenes Verhältnis von Prävention und Repression“ hergestellt werden. Im Zweifelsfall werde auf „Strafverfolgung ohne wenn und aber“ gesetzt, ergänzte Wolfgang Prill, Staatsrat der Innenbehörde. Auch „Arrest in Hamburg“ – also das geschlossene Heim – sei „stärker zu erwägen“, sagte Prill. Noch eine Überraschung: Das Konzept ist mit der GAL abgestimmt. Silke Mertins