: Synkretismus in full effect
■ Christine Baders Dokumentarfilm „Hacks“ über Leben und Motivation von Hackern zeigt letztlich deren Beschränktheit
Hacker sind grundsympathische Menschen. Sie wollen allen nur Gutes, weisen auf Fehler in Systemen hin und bereichern sich nie selbst. Ihre Robin Hood-Mentalität kommt allen zugute. Diese Vorurteile bekommt der Zuschauer im Dokumentarfilm Hacks (1997) der Hamburgerin Christine Bader einmal mehr bestätigt. Am Ende ist aber nicht klar, wer dieses Rollenmodell eigentlich ausgräbt: Die Regisseurin oder die Subversiven dieser Welt selbst.
Dabei wird der Begriff Hacker durchaus nicht nur auf Computernerds angewandt. Denn so wie die Leute von xs4all oder dem Chaos Computer Club sich die Computernetze nutzbar machen, so schleichen sich die Künstlergruppe von der Stubnitz oder der Ökopirat Paul Watson in das gesellschaftliche Netz ein. Immer weitergetrieben vom Gedanken: Information und Kommunikation braucht die Welt, um besser zu werden. Dabei gilt doch die Information nichts ohne ihre Reflexion.
Darüber hinaus versuchen die Aktivisten leider meist, ihrem Tun Sinn zu verleihen. In synkretistischer Haltung wird versucht, aus allen Schlagworten eine Berechtigung für die eigene Handlungsweise abzuleiten: Hacker sind Demokraten, weil sie allen die gleiche Grundlage an die Hand geben. Hacker sind Piraten, die die ideellen und materiellen Güter dieser Welt in die richtige Richtung umverteilen. Sie verfechten die vollkommene Freiheit, ohne über diese großen Begriffe gründlich nachgedacht zu haben. Der Zwang, voranzuschreiten unterläuft den Versuch zu verarbeiten.
Und am Ende ist der Feind, gegen den sie alle kämpfen, ganz anders: Kein hierarchisch gegliedertes, zentralistiches Wesen, das man an einem bestimmten Punkt packen kann, sondern inzwischen genauso vernetzt wie sie. Dieses große Wesen, sei es der Staat, die Banken oder Microsoft, kratzt sich nur an der Stelle, an der die kleinen Computerviren eine Entzündung auslösen. Den restlichen Organismus juckt es nicht. Allein um dies klar vor Augen gestellt zu bekommen, lohnt der Besuch dieses Films.
Eberhard Spohd
Erstaufführung heute, 20:30 Uhr, 3001-Kino, Schanzenstraße 75
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