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Oli oder Walter

■ Hamburgs ältester Sprayer vor Gericht

Er gilt als der älteste und fleißigste Sprayer der Stadt: Das Amtsgericht verhandelte gestern erneut gegen einen 48jährigen Sozialhilfeempfänger, dem die Urheberschaft von geschätzt 120.000 „taks" zur Last gelegt wird. Sein Schriftzug „OZ" ziert Stromverteilerkästen und Brückenpfeiler.

Doch der ehemalige Gärtnerlehrling mit den fransigen roten Haaren bestreitet, der gesuchte Serien-Sprayer zu sein. „Einer allein kann das gar nicht schaffen", wehrte sich der Angeklagte, dessen Vorname Walter lautet, gegen die Vorwürfe. Zudem lese er aus den aufgesprühten Buchstaben nicht „OZ" sondern „OLI" heraus, hatte er die Ermittler zuvor wissen lassen. Und damit suggerieren wollen: Jemand, der Walter und nicht Oliver heißt, kommt als Täter nicht in Frage. Dennoch sitzt er seit Oktober 1997 in Untersuchungshaft.

Bekannt geworden ist der Angeklagte als „Smiley", dessen gesprühtes Lachen die Fahnder von hunderten von Verkehrsschildern und Pollern her angrinste. Anfang 1993 wurde er dafür zu einer Bewährungsstrafe von sechs Monaten verurteilt. Er habe „die Stadt fröhlicher machen" wollen, hatte der Gärtnerlehrling damals vor Gericht erklärt. Der zuständige Richter wertete die Taten nicht als „bösartig" sondern als „psychologischen Aufschrei".

1995 wurde der Sprayer erneut verurteilt und ging in die Berufung. Als der in einem Heim aufgewachsene Mann 1997 auf frischer Tat ertappt wurde, folgte der Haftbefehl auf dem Fuße. Graffiti-Sprühaktionen richten in Hamburg jährlich einen Schaden von zehn bis zwanzig Millionen Mark an. Die Kripo hat bereits 1996 eine Sonderermittlungsgruppe eingesetzt. lian

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