Totalschaden für Fahrrad-Doctor?

■ Patrick Kundmöller hat Ärger mit der Handwerkskammer / Meisterbrief nötig?

Seit einigen Wochen ist Patrick Kundmöller Bremens erster mobiler Fahrrad-Doctor (s. taz 13. Mai). Ob er sich allerdings in einigen Wochen immer noch mit dieser seltenen Berufsbezeichnung schmücken kann, ist zumindest zweifelhaft. Denn der 27jährige Jungunternehmer hat Ärger mit der Handwerkskammer. Nach deren strengen Richtlinien muß nämlich jeder, der Fahrräder repariert, einen Meisterbrief als Zweiradmechaniker vorweisen können. Den hat Kundmöller jedoch nicht. Und so droht ihm nun ein Ordnungswidrigkeitsverfahren – und die Rückkehr in die Arbeitslosigkeit, die er mit der Gründung des Fahrrad-Doctor-Jobs hinter sich zu wissen glaubte.

Vor allem Gerd Garmhausen, Obermeister der Zweiradmechanikerinnung, hat die Kunde von Kundmöllers mobilen Diensten auf die Palme getrieben. Einem Weser-Kurier-Artikel entnahm er, daß die Kammer Kundmöller gar geraten haben soll, ein Gewerbe als Ersatzteilhändler anzumelden, um die Kammerrichtlinien umgehen zu können. Erbost hat er sich daraufhin an Hans Meyer-Heye, Hauptgeschäftsführer der Kammer, gewandt, und mit seinem Rücktritt gedroht, sollte diese geschäftsschädigende Empfehlung tatsächlich ausgesprochen worden sein.

Nach Auskunft von Meyer-Heye hat die Kammer aber niemals einen solchen Rat gegeben. Und auch Patrick Kundmöller dementiert, dem Weser-Kurier eine solche Geschichte aufgetischt zu haben. Nichtsdestotrotz wird er zu Beginn der nächsten Woche in der Handwerkskammer ein Gespräch mit Michael Kurze, dem Referenten für Handwerksrecht, führen müssen. Gegenstand der Unterredung: Kurze will ermitteln, in welchem Umfang der Fahrrad-Doctor Arbeiten ausführt, für die ein Meistertitel Voraussetzung ist. „Wenn Herr Kundmöller mehr anbietet als die Reparatur von Bagatellschäden, werden wir ihn aus dem Verkehr ziehen müssen“, sagt Kurze.

Der Fahrrad-Doctor hingegen versteht die Welt nicht mehr. Anstatt daß ihm allenthalben auf die Schulter geklopft wird für seine originelle Idee, sieht er sich nun mit den Tücken einer antiquierten Handwerksordnung konfrontiert. Zumal in der Fahrradhändlerszene jeder weiß, daß viele Läden ohne Beschäftigung eines Meisters kleinere Fahrradreparaturen ausführen. Klaus-Peter Land vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad Club (ADFC) jedenfalls sieht durch den Streit um den Fahrrad-Doctor eine alte ADFC-Forderung bestätigt. „Wir brauchen einen neuen Ausbildungsberuf: Den Fahrradmechaniker“, sagt Land. Der Aufwand läge dort weit unter denen des Meistertitels – und zugleich erhöhe er die Chancen für einen schnellen Zugang zum Fahrradmarkt für originelle Quereinsteiger wie Patrick Kundmöller. zott