: Ein demonstrativer Sonnabend
■ Proteste gegen deutschen Staatsschutz, türkische Militärs und die Weltwirtschaft
Trotz Sommertemperaturen, die eher ins Straßencafé lockten, trieben politische Mißstände am Samstag in Hamburg über 2000 Menschen auf den Asphalt. Kreuz und quer maschierten die DemonstratInnen durch die City. Mal vereint, mal zerstritten.
Den Auftakt bildeten am Morgen 300 Menschen, die ihrem Unmut über bundesweite Hausdurchsuchungen bei AntifaschistInnen Ausdruck verliehen. Am Dienstag waren wegen des Vorwurfs der „Bildung einer kriminellen Vereinigung“ auch Wohnungen auf St. Pauli gefilzt worden (taz berichtete). „Die Staatsschutzaktion richtete sich gegen alle, die den kapitalistischen Normalzustand, der Hunger und Elend produziert, nicht als Endzustand ansehen“, bewertet eine Sprecherin der „Antifa-Gruppe Hamburg“ die Razzien.
Der Demozug schloß sich mittags einem Marsch von 1500 KurdInnen, TürkInnen und Deutschen an. Die protestierten gegen den Mordanschlag auf den Menschenrechtler Birdi in der türkischen Haupstadt Ankara durch eine staatliche Todesschwadron sowie gegen die Verschleppung kurdischer Kriegsgefangener durch das türkische Militär. Sprecher des kurdischen Widerstands forderten im Verlauf der Demo vehement die „sofortige Einstellung der Militärhilfe“ für die Türkei, die mit „deutschen Panzern, Maschinengewehren und Flugzeugen“ ihren „schmutzigen Krieg“ in Kurdistan“ führe.
Für Verwirrung nach dem Motto „Spaß macht Widerstand“ sorgten nachmittags 300 TeilnehmerInnen der anti-nationalen „Global Street Party“ gegen das „MAI“-Treffen (Multilaterales Abkommen über Investitionen) der sieben mächtigsten westlichen Wirtschaftsnationen und Rußlands im englischen Birmingham. Durch wirtschaftliche Absprachen versuchen die Industrienationen eine uneingeschränkte Öffnung der Märkte durchzusetzen, Reglementierungen durch nationale Auflagen in Form von geballter wirtschaftlicher Macht zu unterbinden.
Hamburgs Polizei drohte mehrfach, die „Party“ am blockierten Hafentor gewaltsam aufzulösen, weil nach irrtümlicher Auffassung der Einsatzleitung Musik auf politischen Veranstaltungen nicht vom Versammlungsgesetz geschützt sei. Ist sie aber. Kai von Appen
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