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Rechte in der Handwerkskammer

„Bund freier Bürger“ trifft sich bei Handwerker-Verband  ■ Von Kai von Appen und Andreas Speit

Der „Bund freier Bürger – Offensive für Deutschland“ lädt zur Wahlkampfveranstaltung in die Hamburger Handwerkskammer. Am kommenden Montag wird die rechte Partei in den Räumen am Holstenwall erklären, was gegen „Steuer- und Ausgabensozialismus“ und „die Kartelle der ,Euro'-Parteien“ in Deutschland zu tun sei. So will der Bund national gesinnte und ausländerfeindliche Kräfte für die Bundestagswahl im September mobilisieren.

Die Kammer hatte vor Vertragsabschluß angeblich keine Ahnung von der politischen Ausrichtung der Partei. „Wir wußten nur, daß die gegen den ,Euro' sind“, verteidigte sich Sprecher Axel Schmielewski gegenüber der taz. Außerdem „sind wir verpflichtet, gewerbliche Räume anzubieten“. Daß es sich um eine Partei handelt, deren Aktionen und Forderungen häufig massiven Protest und Gegendemonstrationen hervorriefen, habe sich „erst im Nachherein“ herausgestellt.

Grundsätzlich, beteuert Schmielewski, sei man „an der Ausrichtung derartiger Veranstaltungen nicht interessiert“. Die Handwerkskammer werde nun prüfen, ob es noch Möglichkeiten gibt, die rechte Werbeversammlung zu verhindern.

Daß der Bund freier Bürger (BfB) mehr ist als eine Gruppe Euro-Feinde, zeigen unter anderem die Publikationen seiner Mitglieder. Die BfBlerInnen fordern darin eine „Einflußnahme auf die deutschen Ostgebiete von 1937“, sprechen sich für „Arbeitsdienste für Sozialhilfeempfänger“ aus, beklagen den Verlust der „nationalen Identität“ und wollen eine „Aufkündigung des Tarifsystems“ sowie die „Beschränkung des Zustroms von Wirtschaftsflüchtlingen und Scheinasylanten“.

Gegründet wurde der Bund freier Bürger von dem ehemaligen FDP-Mitglied Manfred Brunner. Im Januar dieses Jahres schloß sich die Partei mit der rechten FDP-Abspaltung „Offensive für Deutschland“ um Heiner Kappel zusammen. Gemeinsam wollten sie eine einheitliche „nationalliberale Partei“ aufbauen. Vorbild sind die österreichischen „Freiheitlichen“ um den rechtsradikalen Jörg Haider.

Als Haider im Juni 1994 beim Europawahlkampf auf dem Hamburger Gänsemarkt auftrat, kam es zu heftigen Tumulten – wie erneut im Herbst vorigen Jahres, als der Bund freier Bürger in seinem Büro an der Börsenbrücke Wahlveranstaltungen organisierte. Dennoch bekamen die „Nationalliberalen“ bei der Hamburger Bürgerschaftswahl im September 1,3 Prozent der Stimmen.

Im rechten Spektrum hat sich der Bund freier Bürger inzwischen zu einer ernstzunehmenden Kraft entwickelt, die über Kreisverbände in Bergedorf, Wandsbek, Hamburg-Nord und Eimsbüttel verfügt. Und Landesparteichef Kristof Berking, Ex-Redakteur der rechtsextremen „Jungen Freitheit“, hofft auf noch mehr Wachstum: „Die Gründung der Kreisverbände Altona-Elbvororte, Harburg und Hamburg-Mitte wird derzeit vorbereitet.“

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