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Leo Kirch eingerahmt

■ Neue Modelle der Machtaufteilung unter Kirch, Springer, Murdoch

Immer, wenn es bei Leo Kirch finanziell mal wieder eng wird, beginnt er zu jonglieren. Eine Beteiligung hier beliehen, ein Aktienpaket dort „geparkt“, ein Filmvorrat da zwischenverkauft. Einst pflegte der Mogul ein enges Dreieck mit den Medienzaren Silvio Berlusconi und Johann Rupert, das Kirch liquide hielt und ihn die Regeln für Medienkonzentration aushebeln half. Seit geraumer Zeit herrscht nun wieder Ebbe im Kirchschen Portefeuille, und prompt wird wieder jongliert. Erstmals scheint Kirch zu erwägen, etwas von seinen Schätzen wieder abzugeben – eine unternehmerische Regung, die ihm bislang wesensfremd war. Und erstmals sind zwei seiner wichtigsten strategischen Beteiligungen im Spiel: die an Sat.1 (bislang 43 Prozent, den Rest hält größtenteils Springer) und die bei Springer (bislang 40,05 Prozent, den Rest vertritt größtenteils Verlegererbin Friede).

Seit einigen Wochen kursiert an der Springer-Spitze ein Modell, über das Kirch sich angeblich mit Friede Springer einig geworden sein soll. Demzufolge sollen 5,1 Prozent der Kirchschen Sat.1-Beteiligung zusammen mit weiteren 5 Prozent aus dem Springer-Anteil demnächst den Besitzer wechseln: Rupert Murdoch soll angeblich beide haben – zusätzlich zu jenen 15 Prozent an Sat.1, die bislang dem Stuttgarter Holtzbrinck-Verlag gehören und die sich Kirch eben noch anschickte zu übernehmen – derzeit sind sie bei einer Kirch-Partnerbank „geparkt“, da das Kartellamt Bedenken gegen eine Übernahme durch Kirch erhoben hatte. Murdoch, so das Modell, hätte dann 25,1 Prozent beim Sender und bekäme von den beiden anderen die „unternehmerische Führung“ überlassen – müsse aber im Gegenzug Kirch die Abnahme von Filmen garantieren. Andere sprechen von einer „Drittellösung“ bei Sat.1 – eine Aufteilung zwischen Kirch, Murdoch, Springer. Auch eine Abgabe von Kirchs Springer-Anteilen sei denkbar, so die Gerüchte – als das Handelsblatt ebendies gestern schrieb, ließ Kirch jedoch dementieren. Verschiedenen Informationen zufolge drängen Kirchs Banken ihn derzeit, Anteile abzugeben – zumal, wenn dessen Digitalallianz mit Bertelsmann verboten wird.

Über einen Einstieg von Murdoch ins deutsche Mediengeschäft wird seit geraumer Zeit spekuliert. August A. Fischer, der neue Springer-Chef, ist ein ehemaliger Topmanager von Murdoch, dem nachgesagt wird, neben den Beziehungen zu Murdoch pflege er die zu Kirch besonders. Springer-Sprecherin Edda Fels wollte zu den Gerüchten um Anteilsverschiebungen nichts sagen. Sie bestätigte jedoch, daß Springer den bisherigen Kirch-Plänen bezüglich des Holtzbrinck-Pakets an Sat.1 zugestimmt habe – „formal“ sei das jedoch „noch nicht erfolgt“. Auch was den Sat.1-Aufsichtsrat betreffe, wo Kirch bislang auf einem stärkeren Einfluß besteht, bahne sich eine Lösung an. Springer wolle seine Interessen bei Sat.1 künftig vor allem als Lieferant von TV-Produktionen wahrnehmen. Der Spiegel hatte berichtet, Springer plane, im großen Stil als Produzent von Talkshows und Info-Magazinen tätig zu werden. Die Springer-Sprecherin: „Wir wollen als Content Provider präsent sein.“ lm

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