: Klarheit für Verbraucher bei Gensoja
EU-Kommission beugt sich klaren Mehrheiten in EU-Ministerrat und Europa-Parlament: Lebensmittel, die genmanipuliertes Soja enthalten, müssen unmißverständlich gekennzeichnet werden ■ Aus Brüssel Alois Berger
Lebensmittel mit gentechnisch verändertem Mais oder Soja sollen nun doch eindeutig gekennzeichnet werden. Die EU-Kommission beschloß am Mittwoch, daß der Aufdruck „kann genmanipulierte Organismen enthalten“ nicht ausreicht. Vielmehr müsse die Industrie auf den Lebensmittelverpackungen klar angeben, ob gentechnisch veränderte Bestandteile enthalten sind. Die Verordnung soll spätestens in vier Monaten in Kraft treten.
Noch am Montag hatte der zuständige EU-Kommissar Martin Bangemann den Ministerrat, in dem die EU-Regierungen vertreten sind, zur Weißglut gebracht. Obwohl 12 der 15 Regierungen eine klare Kennzeichnung forderten, wollte Bangemann den Herstellern erlauben, die Verbraucher mit dem Hinweis auf möglicherweise enthaltene Genprodukte abzuspeisen. Vor allem kleine Bäckereien, argumentierte Bangemann, hätten nicht die Mittel, um ihre Vorprodukte einzeln auf genveränderte Bestandteile analysieren zu lassen. Deshalb wolle er ihnen die Möglichkeit einräumen, vorsorglich alle Lebensmittel mit dem Hinweis auf eventuell genmanipulierte Bestandteile zu kennzeichnen.
Nach Ansicht der Verbraucherverbände hätte das die ganze Kennzeichnungsvorschrift sinnlos gemacht. Wenn überall dasselbe draufsteht, hat der Verbraucher keine Wahl mehr. Rein juristisch hätte die EU-Kommission die vage Kennzeichnungsvorschrift auch gegen die demokratischen Mehrheiten in Ministerrat und Europaparlament, die eine klare Etikettierung verlangten, durchsetzen können. Den meisten der 20 EU-Kommissare schien das aber politisch zu heikel. Wie ein Sprecher der EU- Kommission erklärte, habe Bangemann selbst eingesehen, daß es nicht sehr nützlich sei, die Voten in Ministerrat und Europaparlament zu ignorieren.
Der Kennzeichnungsbeschluß betrifft vorerst nur zwei genmanipulierte Mais- und Sojasorten von Novartis und Monsanto, die allerdings in fast allen Lieferungen aus den USA enthalten sind. Diese beiden Laborprodukte wurden vor dem 15. Mai 1997 zugelassen und fallen deshalb nicht unter die Novel-food-Verordnung, die zu diesem Zeitpunkt in Kraft trat und für alle künftigen Genprodukte die Kennzeichnung vorschreibt. Da es sich bei der Etikettierungsvorschrift für diese beiden Sorten um eine nachträgliche Sonderregelung handelt, hatte die EU-Kommission mehr Macht als üblich.
Doch auch bei der Novel-food- Verordnung gibt es noch Streit. Sie ist zwar seit über einem Jahr in Kraft, aber es fehlen immer noch die Detailregelungen, ohne die sie nicht angewendet werden kann. Zuständig dafür ist Martin Bangemann, der von verbraucherfreundlichen Regelungen bekanntlich nicht allzu viel hält. Nach dem Beschluß über die Soja- und Maiskennzeichnung wird in Brüssel jedoch davon ausgegangen, daß Bangemann seinen hinhaltenden Widerstand auch bei der Novel- food-Verordnung aufgibt.
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