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Nicht immer hilft das Verfassungsgericht

Jutta Limbach: Karlsruher Richter können nicht wie eine Menschenrechtskommission arbeiten. Gerichtspräsidentin weist auf beschränkte Kompetenzen hin. „Alternativer Verfassungsschutzbericht“ vorgelegt  ■ Aus Karlsruhe Gudula Geuther

Kann das Bundesverfassungsgericht Hüter der Grundrechte sein? Ausgerechnet dessen Präsidentin Jutta Limbach erteilte dieser Standarddefinition des höchsten deutschen Gerichts gestern eine Absage.

Eine Menschenrechtskommission könnten die Richter nicht ersetzen, selbst wenn sie sich alle über Grundrechtsverstöße einig seien – schon weil sie auf eigene Initiative nicht tätig werden könnten. Um so wichtiger sei es, daß sich Betroffene und Menschenrechtsorganisationen selbst darum kümmerten, die Verantwortlichen „mit Grundrechtssinn zu begaben“.

Den Aufruf zur Wachsamkeit machte Jutta Limbach anläßlich der Präsentation des zweiten „Grundrechte-Reports“ in Karlsruhe. Vier Bürgerrechtsorganisationen wollen im Sinn eines „Alternativen Verfassungsschutzberichts“ auf Verfassungsgefährdungen durch staatliche Stellen hinweisen. Ob ausgerechnet die Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts für dieses Anliegen die geeignete Sprecherin sei, daran hatten nicht nur die Veranstalter im Vorfeld gezweifelt, wie Mitherausgeber Ulrich Finckh einräumte, schließlich sei sie Vertreterin der Staatsmacht. Jutta Limbach selbst formulierte es noch pointierter: Als Mitglied des Gerichts gehöre sie einer in dem Bericht ständig kritisierten Instanz an. In einem Beitrag sei die Rechtsprechung des Zweiten Senats, dessen Vorsitzende sie ist, regelrecht auseinandergenommen worden. Für Limbach war es aber vor allem eine heikle Mission, weil sie zu fast keinem der Beiträge inhaltlich Stellung nehmen konnte, um nicht in späteren Verfahren den Vorwurf der Befangenheit zu riskieren.

Thematisch ist der Bericht eher heterogen. Von den großen rechtspolitischen Kämpfen des vergangenen Jahres wie dem Lauschangriff oder der Diskussion um Europol reicht die Spanne bis zur Kritik an der Zensur von Schülerzeitungen oder der Verpflichtung zum Besuch des Ethikunterrichts. Bundestagsvizepräsident Burkhard Hirsch (FDP) kritisierte insbesondere die ausufernde Telefonüberwachung im Strafverfahren. Nicht nur die rechtlichen Möglichkeiten durch die Strafprozeßordnung und für den Verfassungsschutz seien hier seit der ersten Verabschiedung des G10-Gesetzes 1968 immer wieder erweitert worden, auch die tatsächliche Anwendung sei – trotz dürftiger Daten – im internationalen Vergleich erheblich, so Hirsch. Entscheidungen müßten auch in Eilfällen von einem Richterkollegium getroffen werden, auch nach einer Verlängerung der Maßnahme sollte nicht länger als drei Monate abgehört werden dürfen, und das Parlament sollte ständig unterrichtet werden.

Im Licht der Beiträge über die Angriffe auf das Asylrecht klangen die Äußerungen Hannsheinz Bauers bei der Präsentation in Karlsruhe eher überraschend. Bauer, 1909 geboren, der letzte überlebende Verfasser des Grundgesetzes und Mitautor des Berichts, forderte, das Asylrecht zu verbessern. An Wirtschaftsflüchtlinge habe man unter dem Eindruck der deutschen Asylanten 1949 nicht gedacht, insofern sei das Grundgesetz heute nicht mehr zeitgemäß.

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