: Zweifelhafte Entlastung
■ Wegen des Attentats auf den Menschenrechtler Akin Birdal sind türkische Ultranationalisten festgenommen worden. Ministerpräsident Yilmaz ist froh, daß der Staat nun außer Verdacht stehe
Ankara (AP) – Die türkische Polizei hat Ministerpräsident Mesut Yilmaz zufolge gestern fünf Männer festgenommen, die das Attentat auf den türkischen Menschenrechtsaktivisten Akin Birdal verübt haben. Es handele sich um zwei Täter und drei Hintermänner, die den Überfall vom 12. Mai organisiert hätten, sagte Yilmaz vor Journalisten. Er zeigte sich erleichtert, daß der Staat von dem Verdacht entlastet sei, in die Tat verwickelt zu sein. Der Vorsitzende des Türkischen Menschenrechtsvereins war in seinem Büro in Ankara von zwei Männern niedergeschossen und schwer verletzt worden.
Die halbamtliche türkische Nachrichtenagentur Anatolia meldete, bei den Verdächtigen seien in Istanbul zwei Schußwaffen gefunden worden. Unter Berufung auf Polizeikreise hieß es weiter, einer der Männer sei ein Soldat, der für den nur unter dem Tarnnamen bekannten Terroristen „Grün“ gearbeitet habe. Alle Festgenommenen seien ehemalige Mitglieder einer ultranationalistischen Gruppe. Nach einem in diesem Jahr veröffentlichten Bericht der Regierung hatte „Grün“ früher im Auftrag der türkischen Führung Gegner ermordet, etwa Journalisten oder politische Aktivisten. „Grün“ soll später außer Kontrolle geraten sein und sich abgesetzt haben.
Der türkischen Regierung wurde im Zusammenhang mit dem Attentat vorgeworfen, Aussagen aus Verhören des kurdischen Rebellenführers Semdin Sakik weitergegeben zu haben, in denen dieser Birdal Kontakte zu kurdischen Untergrundkämpfern nachsagt. Wenige Tage vor dem Attentat verweigerte die Polizei Birdal die Ausstellung eines neuen Passes.
Unmittelbar nach dem Anschlag auf den 50jährigen bekannte sich laut einem Bericht des privaten Fernsehsenders NTV die ultranationalistische Organisation „Türkische Rachebrigade“ zu der Tat. Die Gruppe hat schon mehrfach kurdische und linksgerichtete Journalisten ermordet, über sie liegen aber keine Informationen vor.
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