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Die PDS auf schwarzen Socken

■ Die CDU will einem PDS-Stadtrat ins Amt verhelfen. Dies ist für den Berliner CDU-Landesverband kein Wahlkampfthema

Berlin (taz) – Vor lauter Lagerwahlkampf hat CDU-Generalsekretär Peter Hintze das eigene Lager aus den Augen verloren. Ausgerechnet in Berlin-Mitte, dem künftigen Regierungsbezirk, will die CDU einem PDS-Kandidaten ins so wichtige Amt des Baustadtrats verhelfen. Diese Wahl, findet am 11. Juni statt. Sie ist notwendig, weil die bisherige Baustadträtin Karin Baumert Anfang Mai abgewählt worden war.

Gegenüber der taz räumte der CDU-Abgeordnete der Bezirksverordnetenversammlung Mitte und Vorsitzende des dortigen Stadtentwicklungsausschusses, Christoph Schnauß, ein, daß sich seine Partei durchaus der schwierigen Situation in diesem „Symbolbezirk“ bewußt sei. „Der Wahlkampf spielt schon eine Rolle, aber wir haben hier Kommunalpolitik zu machen“, sagt Schnauß. Und die sei, so der CDU-Mann aus Berlin-Mitte, weniger eng an Parteigrenzen geknüpft als in der Bundespolitik.

Mit der angekündigten Wahl des PDS-Kandidaten segnet die CDU freilich nur die bereits bestehende kommunale Zusammenarbeit mit der PDS ab. Immerhin ist es in Berlin-Mitte ein offenes Geheimnis, daß es zwischen PDS- Finanzstadtrat Jens Heuer und CDU-Bürgermeister Joachim Zeller mehr Gemeinsamkeiten gibt, als es etwa zwischen Heuer und der bisherigen Baustadträtin Baumert je gab. Für den CDU-Abgeordneten Schnauß fällt dies unter die Aufgabe, Sachpolitik über Parteigrenzen hinweg zu betreiben.

Gleichwohl hat die angekündigte Wahl des PDS-Kandidaten in Berlin und Bonn für unterschiedliche Reaktionen gesorgt. Für den Sprecher des SPD-Landesverbandes, Frank Zimmermann, zeigt sich damit, „daß sich auch die CDU auf Dauer einer vernünftigen Kooperation auf kommunaler Ebene nicht entziehen kann“. Die Kommunalpolitiker der CDU, so Zimmermann mit Genugtuung, scheinen „offenbar pragmatischer vorzugehen als ihre Generalsekretär Peter Hintze“.

Im Bonner Konrad-Adenauer- Haus versuchte man gestern, abzuwiegeln. Die Wahl eines Baustadtrats sei etwas anderes als eine Koalition auf Landes- oder Bundesebene, hieß es aus der CDU-Pressestelle. Ins gleiche Horn bläst auch der Berliner CDU-Generalsekretär Volker Liepelt. Es sei ein „Unterschied, ob man jemandem ein Recht zugesteht, einen Stadtratsposten zu besetzen, oder ob man freiwillig mit der PDS politisch koaliere“, sagte Liepelt.

Freude kam dagegen bei PDS- Pressesprecher Hanno Harnisch auf. Entscheidend sei nicht, ob sich in der Kommunalpolitik die Bonner Parteizentralen durchsetzten, sondern die Interessen der Bewohner von Berlin-Mitte.

Für CDU-Generalsekretär Hintze hat die Konstellation im Regierungsbezirk immerhin etwas Neues. Die SPD kann der Wahlkampfmanager Helmut Kohls in diesem Fall nicht zum Sündenbock machen. Anders als die Christdemokraten in Mitte haben die Sozialdemokraten angekündigt, keinen PDS-Kandidaten zum Baustadtrat wählen zu wollen. Uwe Rada

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