■ Die Anderen: Zu den Debatten über die radioaktiv-belasteten Castor-Transporte schreibt "Liberation" / Nervöser Kohl heuert Rambo an, meint "De Volkskrant" (Amsterdam) / Der Spargelkrieg geht auf Kohls Kosten, glaubt "La Stampa" (Turin)
Zu den Debatten, die die radioaktiv belasteten Castor-Transporte in Deutschland ausgelöst haben, schreibt „Libération“ (Paris): Wie immer, wenn es in Deutschland um die Kernenergie geht, werden große Worte geäußert. Die sozialdemokratischen Abgeordneten Anke Fuchs und Michael Müller haben gestern das Schreckgespenst der größten Katastrophe in der Geschichte der zivilen Nutzung der Kernenergie an die Wand gemalt, um den neuen Skandal zu verurteilen, der Deutschland erschüttert: die Entdeckung, daß einige deutsche Container mit Atommüll, die zur Wiederaufbereitung zur französischen Fabrik La Hague geschickt wurden, nicht völlig dicht waren. Angela Merkel, die deutsche Umweltministerin, Physikerin von Beruf, versichert, nie etwas davon gewußt zu haben. Schlimmer noch, sie erfährt, daß die deutschen Elektrizitätsunternehmen seit Mitte der 80er Jahre auf dem laufenden waren, es aber nicht für nötig erachteten, die Aufsichtsbehörden zu alarmieren. In einem Land, in dem die Furcht vor dem Atomaren festsitzt, hat die energische Reaktion von Angela Merkel aber bei weitem nicht gereicht, um den Skandal beizulegen.
Nervöser Kohl heuert Rambo an, meint „De Volkskrant“ (Amsterdam): Im Gegensatz zu seinen vielen Vorgängern blieb Staatssekretär Hausmann seit seiner Ernennung 1995 immer im Hintergrund und wußte selten, was im Regierungszentrum los war. Und genau so wollte Kohl es haben, wurde geflüstert. Die Entlassung des Regierungssprechers, vier Monate vor der Bundestagswahl, deutet auf Nervosität im Regierungslager hin.
Für den Wahlkampf braucht Kohl Feuerwerk, Menschen, die seine Politik der vergangenen 16 Jahre mit Elan verkaufen. Spezieller Wahlkampfberater von Kohl wird Hans-Hermann Tiedje, Ex-Chefredakteur von „Bild“ und bekannt als Rambo des deutschen Journalismus.
Der Spargelkrieg geht auf Kohls Kosten, glaubt „La Stampa“ (Turin): Das könnte Helmut Kohl teuer zu stehen kommen, zumindest in Wählerstimmen gemessen, dieser Streit, den die Landwirte in Deutschland bereits den „Spargelkrieg“ nennen. Das einzige konkrete Ergebnis dieser Maßnahme wird, soweit ist schon abzusehen, der Aufstand der Wähler unter den Landwirten sein, die traditionell doch eine Domäne des Kanzlers sind. Der Widerstand gegen das neue Gesetz ist in der Tat ungeteilt: Der Widerstand kommt nicht nur von den direkt Betroffenen, den Frauen und Männern, die ohne feste Beschäftigung sind, die sich aber bei einer objektiv ermüdenden und schlecht bezahlten Arbeit unbehaglich fühlen. Auch die produzierenden Bauern wollen von der Maßnahme nichts wissen.
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