: CSU-Kiesl glimpflich bestraft
■ Ex-Oberbürgermeister von München, Erich Kiesl, zu zwanzigmonatiger Bewährungsstrafe verurteilt. Dem CSU-Politiker wurde unter anderem Untreue und Falschaussage vorgeworfen
München (AP/rtr/taz) – Der frühere Münchner Oberbürgermeister Erich Kiesl ist wegen Beihilfe zu Untreue und Bankrott sowie wegen Falschaussage zu einem Jahr und acht Monaten Bewährungsstrafe verurteilt worden. Das Landgericht München sprach den CSU-Politiker gestern schuldig, in einer Gerichtsverhandlung gegen seinen Anwaltspartner vor fünf Jahren gelogen zu haben.
Außerdem habe er ein Grundstück seiner Firma unter Marktwert an ein zweites, von ihm gegründetes Unternehmen übertragen und die völlig verschuldete Firma dann zusammen mit seinem Bruder ausgeschlachtet und in den Konkurs getrieben.
Kiesl schüttelte während der Urteilsbegründung mehrmals den Kopf, nahm den Richterspruch sonst aber regungslos hin. Während des viermonatigen Prozesses hatte er zu den Vorwürfen geschwiegen. Ein Verfahren wegen Verdachts auf Steuerhinterziehung in Höhe von 470.000 Mark gegen Kiesl ist bis zu einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs ausgesetzt worden.
Kiesl muß außerdem die Verfahrenskosten tragen. Mit dem Urteil blieb das Gericht unter der Forderung der Staatsanwaltschaft, die eine zweijährige Bewährungsstrafe sowie 50.000 Mark Geldbuße verlangt hatte. Die Verteidigung hatte auf Freispruch plädiert.
Bereits vor der Verhandlung hatte die Münchner SPD die Aberkennung des Ehrentitels „Alt- Oberbürgermeister“ gefordert. Kiesl war von 1970 bis 1978 Staatssekretär in Bayern und danach sechs Jahre lang Oberbürgermeister der Landeshauptstadt. Danach saß er bis 1994 im bayerischen Landtag. Als langjähriger CSU- Bezirksvorsitzender in München gehörte Kiesl zum weiteren Führungszirkel seiner Partei. Kiesl ist auch Ehrenvorsitzender der Münchner CSU. Der Prozeß gegen einen der früheren Vertrauten des verstorbenen bayerischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß war von allerlei Merkwürdigkeiten begleitet. Wichtige Papiere hatte Kiesl offenbar vernichtet. Ursprünglich sollte er schon im Herbst 1995 vor Gericht erscheinen. Doch Kiesl erlitt einen Herzinfarkt. Später hatte das Gericht angeblich keinen Termin frei. Erst nach öffentlichem Druck wurde der Prozeß neu angesetzt.
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