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Die Maus nicht mit einem Elefanten verheiraten

■ Rumänien muß bis zur EU-Reife einen gigantischen Reformberg bewältigen

Bukarest (taz) – Als die EU Ende März den Beginn der EU- Beitrittsverhandlungen mit den ersten osteuropäischen Staaten feierte, gehörte Rumänien nicht zum Kreis der Auserwählten. Es erfülle nicht die nötigen Voraussetzungen, wurde schon im vergangenen Jahr im EU-Reformprogramm „Agenda 2000“ festgestellt. Vor einigen Tagen legte der rumänische Minister für europäische Integration, Alexandru Herlea, nun in Brüssel das „Nationale Programm zum Beitritt Rumäniens in die Europäische Union“ vor, das die erforderlichen sozialen, wirtschaftlichen und Verwaltungsreformen darstellt sowie einen Plan zur Übernahme des EU-Rechtes (acquis communitaire). Bis Herbst werden EU-Experten das Programm eingehend analysieren, und bis Jahresende will das rumänische Parlament es als Gesetz verabschieden.

Doch das Dokument verhehlt nicht: Die Aussichten für einen raschen EU-Beitritt Rumäniens sind äußerst gering. Das Bruttoinlandsprodukt erreicht nur etwa 24 Prozent des EU-Mittelwertes; die Inflationsrate lag seit 1989 zumeist bei über 100 Prozent jährlich. Die rumänische Wirtschaft hat eine geringe Arbeitsproduktivität, arbeitet energiefressend und mit veralteter Technologie und ist deshalb wenig konkurrenzfähig. Rumäniens neuer Ministerpräsident Radu Vasile gibt zu: „Fast zehn Jahre sind vergangen, in denen wir zuwenig erreicht haben, vor allem im Vergleich mit anderen Ländern Mittel- und Osteuropas.“

Um sich auf die EU-Beitrittsverhandlungen vorzubereiten, muß Rumänien laut EU-Experten vor allem tiefgreifende Strukturreformen in der Landwirtschaft, bei den unrentablen Staatsunternehmen und im Verwaltungssystem vornehmen. Als konkrete Prioritäten für dieses Jahr nennt die EU unter anderem: Privatisierung von Staatsbanken, Dezentralisierung und Restrukturierung der staatlichen Strom-, Gas- und Mineralölunternehmen, eine weitere Handels- und Preisliberalisierung und die Verabschiedung von Bankrott-, Banken- und Konkurrenzgesetzen.

Doch das ist erst der Anfang. Bis Rumäniens Wirtschaft EU-reif ist, wird es noch viele Jahre dauern, wie Minister Herlea meint: „Unsere Ökonomie ist zu schwach für die EU. Man kann keine Maus mit einem Elefanten verheiraten. Ein zu schneller EU-Beitritt wäre eine Katastrophe für uns.“

Auch Rumäniens ultrazentralistisches Verwaltungssystem ist nach Ansicht von EU-Experten äußerst reformbedürftig. Es gebe keine klare Trennung von politischen und administrativen Strukturen, Transparenz und Respekt für die Bürger fehlten. So etwa fordert die EU seit langem die Verabschiedung von Gesetzen über die Lokalhaushalte, über Regionalentwicklung und über die Dezentralisierung der Organe für Innere Sicherheit.

Wie schwer Rumänien solche Reformen im Staats- und Verwaltungswesen fallen, zeigt schon das Beispiel des Ministeriums für europäische Integration selbst. Es steht in der öffentlichkeit und selbst unter Regierungsmitgliedern im Ruf, nicht effektiv zu sein, und hat vielfach durch Kompetenzstreitigkeiten mit anderen Ministerien von sich reden gemacht. Schuld am schlechten Image sei die falsche Darstellung der Ministeriumsarbeit in der Presse, meint der Staatssekretär des Ministeriums, Constantin Teleaga. Tatsächlich jedoch sind die Angestellten des Ministeriums selbst dafür verantwortlich. So erklären gelangweilte, unfreundliche Sekretärinnen im Ministerium das „Nationale Programm zum Beitritt Rumäniens in die Europäische Union“ zum geheimen Dokument. Wer keine Beziehungen im Bukarester Regierungsapparat hat, um das Dokument zu bekommen, erfährt deshalb nichts über Rumäniens Bemühungen um eine EU-Integration. Keno Verseck

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