: Das Paradies in Trümmern
Als die Sowjetunion sich auflöste und die früheren Sowjetrepubliken zu unabhängigen Staaten wurden, gab es vor allem im Kaukasus eine Reihe umstrittener Gebiete. Im unabhängigen Georgien waren es vor allem zwei ethnische Minderheiten, die sich nicht ohne weiteres eingemeinden lassen wollten: die Abchasen und die Osseten.
Die separatistischen Bestrebungen der Abchasen führten, auch aufgrund des georgischen Chauvinismus, zu einem blutigen Bürgerkrieg, der nach knapp zwei Jahren 1993 mit einer Niederlage der Georgier endete. Die in Abchasien stationierten russischen Truppen griffen auf abchasischer Seite in die Kämpfe ein und sorgten so für eine Entscheidung: Knapp 250.000 Georgier wurden von 70.000 Abchasen vertrieben.
Um den Preis des Wiedereintritts in die GUS stabilisierte Rußland den bereits erledigten Parlamentspräsidenten Eduard Schewardnadse. Seitdem steht in Abchasien eine von der GUS mandatierte, rein russische Peace-keeping-Truppe von 5.000 Mann. Auf Bitten Schewardnadses sandte die UNO eine Beobachtergruppe von 130 Mann nach Abchasien, die nun über Verletzungen der Waffenstillstandslinie und des Waffenstillstandsvertrages berichten.
Obwohl die UNO in Abchasien kein Machtfaktor ist, wirkt ihre Anwesenheit doch konfliktdämpfend. Auch die Verhandlungen zwischen Georgiern und Abchasen werden von der UNO moderiert, allerdings finden die entscheidenden Gespräche in der Regel in Moskau ohne die UNO statt.
Das Hauptproblem ist die Rückführung der georgischen Flüchtlinge und der zukünftige Status von Abchasien. Die Abchasen wehren sich gegen eine Rückkehr der Flüchtlinge, weil sie Angst haben, dann wieder in die Minderheit zu geraten. Ihre Forderung nach Unabhängigkeit wird dagegen von Tiflis kategorisch abgelehnt und selbst von Rußland nicht offen unterstützt. Während Schewardnadse einen Bundesstaat anbietet, wollen die Abchasen eine gleichberechtigte Konföderation.
Abchasien ist ein schmaler Streifen zwischen dem Schwarzen Meer und den bis zu 5.000 m hohen Bergen des Kaukasus. Ein spezielles Mikroklima macht das Land zu einem subtropischen Paradies. Die Hauptstadt Suchumi war der bevorzugte Ferienort der obersten Nomenklatura der Sowjetunion, die häufig dort ihre Datschen hatte. Heute ist Abchasien ein Paradies in Trümmern. Die einzige Verbindung nach außen ist ein Fähre ins türkische Trabzun. JG
VIII#Blauhelme
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