: Donner statt Drama
■ Gescheiterte Ostwest-Inspiration des Meta Theaters auf der Bühne B 12
Wie Donnergrollen rollt die S-Bahn heran. Egal, was gerade auf der Bühne B 12 passiert: Das an- und abschwellende Rattern der Züge setzt alle paar Minuten denselben dramatischen Akzent. Träume – so heißt die Produktion vom Münchner Meta Theater, die hier in beeindruckender Industriearchitektur zu Gast ist. Und so wie im Traum vermischen sich Außen und Innen, verquickt sich die Geräuschkulisse der Züge mit den Klängen japanischer Flöten und Percussionsinstrumenten, die Edgar Hofmann mit Hingabe erzeugt.
Trotzdem will sich keine träumerische Stimmung einstellen. Zu fremd bleiben die zwei Erzählungen des 1890 nach Japan ausgewanderten Griechen Lafcadio Hearn in der Bühnenfassung von und mit Akira Matsui. Wie eine Erzählerin berichtet, handelt die erste Geschichte von einem jungen Mann, der seine Frau verläßt, um in der Stadt Geld zu bekommen. Dort heiratet er eine andere, bekommt aber Jahre später Sehnsucht nach seiner sanftmütigen ersten Frau und kehrt zu ihr zurück. Eine märchenhaft-antiquiert anmutende Geschichte, der die Tänzer leider kein richtiges Leben einhauchen. Akira Matsui in der Rolle der verlassenen Frau tanzt in der minimalistischen Tradition des japanischen Nô-Theaters. Den abenteuerlustigen jungen Mann nimmt man Axel Tangerding dagegen nicht so recht ab. Seine eingefrorene Mimik paßt nicht zu den weit ausladenden Gesten, die schütteren Locken nicht zur angeblichen Jugend und zur traditionell japanischen Kleidung.
So pendelt sich die beabsichtigte Begegnung von östlichen und westlichen Tanztraditionen in einer merkwürdigen Schieflage ein – leider auch beim zweiten Teil des Abends, der von einem Tanzwettstreit zwischen einer Europäerin und einem Japaner erzählt. Doch kein Miteinander kommt zustande, kein Gegeneinander, nur das reine Unverständnis. Von Dramatik keine Spur. Da hilft auch kein Donnergrollen von der S-Bahn.
Karin Liebe
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