: „Zensuröse Techniken“
■ Fußballtherapeut besucht Drogenbosse: Sat.1 kippt Interview mit taz-Autor Müllender
Berlin (taz) – So geht es eben, wenn sich ein Drogensyndikat den Entzugsprediger ins Haus holt. Bernd Müllender, Autor des neuen Ratgebers „Fußballfrei in 11 Spieltagen – Eine Entziehungskur für Süchtige“, war auf heftigen Wunsch des Privatsenders Sat.1 gestern morgen um 6.33 Uhr Live- Gast in deren Frühstücksfernsehen. Launig sollte es zugehen, weshalb die Gästebetreuerin den taz- Autor aufforderte, unbedingt einen weißen Arztkittel als Therapeutenkluft anzulegen: „Den ziehen Sie jetzt an!“ – „Nein, lieber nicht.“ – „Der wird angezogen, los!“
Der Kittel blieb aus, Müllender dankte artig für den „Mut, mich einzuladen“ und kam gleich zum Wesentlichen: Die Sat.1-Sendung „ran“, Haßobjekt eines jeden aufrechten Fußballfreundes, sei „der Vorreiter der Zerstörung des Fußballs alter Art. Hier wird Fußball zu einem solchen Unterhaltungsquark zusammengerührt, daß...“ Die Moderatorin unterbrach mit dem Hinweis auf die Millionen Zuschauer. Für Müllender eine Steilvorlage: „Daraus lernen wir, daß Fußball gar nicht so schlecht gemacht werden kann, daß er nicht immer noch von Millionen geguckt wird.“ Somit sei „ran“ der „beste Beweis, daß so viele Menschen wirklich fußballsüchtig sind“.
Folge: Die im Sendeplan vorgesehene Wiederholung des Interviews um 8 Uhr fiel aus, obwohl Müllender auch „das öffentlich- rechtliche Ritualglotzen“ bespottet hatte. Eine Redakteurin: „Ist rausgeflogen.“ Grund: „Technische Schwierigkeiten.“ Der Autor argwöhnt nun „erkennbar zensuröse Techniken“. Bei Müllenders Fischer-Taschenbuchverlag ist gar vom „Eklat bei Sat.1“ die Rede.
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