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Streit um Dekrete

■ Stoiber: EU-Beitritt Prags nur bei Einlenken in Vertriebenenfrage möglich

Bonn (dpa) – Der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) hat erneut die Prager Regierung aufgefordert, die Vertreibungsdekrete aus der Nachkriegszeit umgehend aufzuheben. In einer teilweise vom Wahlkampf geprägten Bundestagsdebatte über die Vertriebenen und Spätaussiedler machte Stoiber dies gestern zur Bedingung für eine Aufnahme Tschechiens in die Europäische Union. Sprecher der SPD und von Bündnis 90/Die Grünen forderten dagegen die Bundesregierung auf, die Anstrengungen um die Eingliederung der Spätaussiedler in Deutschland zu verstärken.

Mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen nahm das Parlament eine Entschließung der CDU/CSU an, in der die künftigen neuen EU-Mitgliedsstaaten aufgefordert werden, auch den deutschen Heimatvertriebenen das Recht auf Freizügigkeit und die Niederlassungsfreiheit einzuräumen. „Der Deutsche Bundestag hegt die Hoffnung, daß die mit einem Beitritt Tschechiens und Polens zur Europäischen Union einhergehende Übernahme des gemeinschaftlichen Besitzstandes durch die neuen Mitglieder die Lösung noch offener, bilateraler Fragen erleichtert wird“, heißt es in dem Dokument.

„Unrecht verjährt nicht“, sagte Stoiber im Hinblick auf die bayerische Haltung in der Frage der Sudetendeutschen, die am Ende des Zweiten Weltkrieges aus der damaligen Tschechoslowakei hauptsächlich nach Bayern vertrieben worden waren. In der EU könnten keine Gesetze und Dekrete Bestand haben, die gegen Menschenrechte verstießen, sagte er zu den in Tschechien fortbestehenden Dekreten zur Vertreibung der Sudetendeutschen aus kommunistischer Zeit (Beneš-Dekrete).

Stoiber kritisierte zudem, daß eindeutige „Signale zur Überwindung des Vertreibungsunrechts“ aus Prag bisher ausgeblieben seien. Die inzwischen einsetzenden Gespräche im Rahmen des deutsch- tschechischen Zukunftsfonds seien ein Schritt in die richtige Richtung. Wenn Prag die ausgestreckte Hand der Vertriebenen nicht ergreife, sei das im Zuge der tschechischen Beitrittswünsche zur EU ein Anachronismus.

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