piwik no script img

Amt für Strahlenschutz wußte Bescheid

■ Die Kontamination von Atombehältern war ganz die Regel, nicht etwa die Ausnahme. Ministerin Merkel dementiert die IAEO

Berlin (taz) – Bundesumweltministerin Angela Merkel (CDU) will trotz der Ausweitung des Atomskandals nicht für das völlige Versagen ihrer Behörden verantwortlich sein.

Sie greift die Länder an. Doch ihre Forderung, diese sollten „Meßprotokolle offenlegen“, verweist auf eigenes Versagen: Sie selbst hatte bei einer Änderung des Atomgesetzes die Meldepflicht für kontaminierte Atombehälter schlicht ausgeklammert.

Den Reaktorbetreibern ist laut Eisenbahnbundesamt dennoch bekannt, daß ein Verstoß gegen das Atomgesetz – wie bei Grenzwertüberschreitungen gegeben – den Entzug der Betriebsgenehmigung bedeutet.

Auch das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) machte falsche Angaben: Gegenüber der taz erklärte die Behörde vor zwei Tagen, Verstrahlungen seien nicht, wie die Internationale Atombehörde (IAEO) berichtete, schon seit 1985 bekannt. Tatsächlich sitzt aber der Präsident des Bundesamtes, Wilhelm Collin, höchstpersönlich im Transportsicherheitsausschuß Transsac, in dem die Verstrahlungen seit 1985 diskutiert werden.

Merkels „Unwissenheit“ ist ebenfalls nicht zu entschuldigen: So erklärte der Präsident des Eisenbahnbundesamtes, Horst Stuchly, gestern, „man muß sich über die jetzt bekanntgewordenen Fälle nicht wundern“, weil das Beladeverfahren der Atombehälter „in Frankreich ja bekannt“ sei.

Immer offensichtlicher zeichnet sich darum ab, daß kontaminierte Rücktransporte von Frankreich und Großbritannien nach Deutschland die Regel und nicht die Ausnahme waren. Merkel dementiert inzwischen hilflos: Der Sicherheitsreport Nr.37 der Internationalen Atombehörde (IAEO) empfehle lediglich, daß die Versender und Empfänger kontaminierter Behälter Abhilfe schaffen sollten. Ihre Beamten hätten deshalb keinesfalls von „Verunreinigungen an deutschen Transporten Kenntnis gehabt“.

Tatsächlich empfielt die Atombehörde aber in ihrem Sicherheitsbericht: „Zu beachten ist darum, daß vordringlich angemessene Dekontaminationsmethoden benutzt werden, damit die Grenzwerte der Außenkontamination nicht während des Transports überschritten werden können.“

Peter Sennekamp

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen