: UNO-Deal mit Taliban
■ Zugeständnisse gegenüber Frauen
Trotz diplomatischer Rückschläge ist es der UNO gelungen, die radikalislamistischen Taliban erstmals zur vertraglichen Anerkennung internationaler Gepflogenheiten zu bewegen. In einem Memorandum, das sie am 13. Mai mit den Taliban abschlossen und dessen Umsetzung jetzt begann, wird unter anderem die Immunität der UN-Einrichtungen und ihres Personals im Rahmen ihrer Tätigkeit für die UNO festgeschrieben. Dadurch hat die UNO die rigiden Beschränkungen der Taliban gegen Frauen unterlaufen, die diese auch auf afghanische UN-Mitarbeiterinnen ausdehnen wollten.
Laut Memorandum hat die UNO jetzt das Recht, in Afghanistan Personal „unabhängig von Rasse, Geschlecht, Religion oder Nationalität in Übereinstimmug mit ihren Zielen und Kriterien bei Respektierung der islamischen Werte und Traditionen“ anzustellen. Betont wird, daß der Zugang für Frauen zu Gesundheits- und Bildungseinrichtungen „verbessert“ werden soll. Ein bilaterales Komitee solle monatlich die Einhaltung der Vereinbarungen kontrollieren. Dies zeigt, daß die Taliban durchaus anfällig für internationalen Druck sind.
Gleichzeitig begann die Umsetzung einer der Abmachungen, die während der ansonsten gescheiterten Mission des US- Unterhändlers Bill Richardson Ende April getroffen worden waren. Am Donnerstag traf ein erster Konvoi mit Nahrungsmitteln für die Bevölkerung in der von den Taliban blockierten zentralafghanischen Region Hazarajat ein. Dafür hob die UNO ihren Stopp aller Hilfsaktivitäten im Taliban-beherrschten Südwesten des Landes auf. Damit können Programme zur Minenräumung, Drogenkontrolle sowie Flüchtlingsrückkehr wiederaufgenommen werden. Der Stopp war vor zwei Monaten verhängt worden, nachdem der Taliban-Gouverneur von Kandahar gegenüber UN-Mitarbeitern handgreiflich geworden war.
Seither bemühte sich die UNO gegenüber den Taliban darum, den etwa 200.000 von akuter Lebensmittelknappheit bedrohten Menschen im Hazarajat vor allem Grundnahrungsmittel zukommen zu lassen. Die Taliban lehnten dies lange mit der Begründung ab, davon würden auch ihre schiitischen Gegner von der Hezb-e Wahdat profitieren, die diese Gegend kontrollieren. Schließlich gaben sie unter der Bedingung nach, daß der UN-Konvoi auch die Bevölkerung des Ghorband- Tals samt der dort eingeschlossenen Taliban beliefere. Thomas Ruttig
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen