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Angst vor einer atomaren Eskalation

■ Atommächte beraten über die Krise nach den Atomwaffenversuchen Indiens und Pakistans. Ist der Atomwaffensperrvertrag gescheitert?

Genf (taz) – Die Außenminister der fünf ständigen Mitglieder (P5) des UNO-Sicherheitsrates – USA, Rußland, China, Frankreich und Großbritannien – haben am Donnerstag abend in Genf Beratungen über eine Eindämmung der Eskalation in Südasien nach den jüngsten Atomwaffenversuchen Indiens und Pakistans aufgenommen. Nach Angaben aus Diplomatenkreisen der P5 soll das Treffen eine Erklärung ausarbeiten, die folgende Punkte enthält: die Verurteilung der Tests als eine Gefährdung für die Stabilität in der Region sowie des internationalen Regimes zur Nichtweiterverbreitung von Atomwaffen; die Aufforderung an Indien und Pakistan, keine weiteren Tests durchzuführen und keine Atomsprengköpfe auf Raketen oder andere Trägersysteme zu montieren; einen Appell, unverzüglich den Atomwaffensperrvertrag von 1970 und das Abkommen über ein Verbot von Testexplosionen aus dem Jahre 1996 zu unterzeichnen; und schließlich, bilaterale Verhandlungen über alle Spannungsthemen, inklusive des Kaschmir-Konflikts, aufzunehmen.

Eine ähnlich lautende Erklärung hatten die P5 gemeinsam mit 42 weiteren Staaten bereits am Dienstag anläßlich der UNO-Abrüstungskonferenz verabschiedet, die sich ebenfalls mit den Atomwaffentests auf dem indischen Subkontinent befaßt. Wie zuvor bereits die Botschafter wichtiger Regionalmächte wie Südafrika, Brasilien, Mexiko und Malaysia, forderte gestern morgen auch der iranische Botschafter bei der Abrüstungskonferenz die P5 auf, „endlich ihrer völkerrechtlichen Verpflichtung aus dem Atomwaffensperrvertrag nachzukommen, und sich auf formale Verhandlungen über die schrittweise Abrüstung aller Atomwaffen in einem vereinbarten Zeitrahmen einzulassen“. Die globale Abschaffung dieser Waffen sei „der einzig verläßliche Weg, ihre weitere Verbreitung zu verhindern“.

Doch nach Angaben von Diplomaten der P5 ist damit auch weiterhin nicht zu rechnen. Wegen dieser Haltung bewerten Indien und Pakistan den Sperrvertrag und den Nichtweiterverbreitungsvertrag als „diskriminierend“ und verweigern bislang eine Unterzeichnung dieser beiden Verträge. Nach Ansicht regierungsunabhängiger Rüstungskontrollexperten aus Indien, Pakistan sowie aus westlichen Staaten sollten die P5 jetzt offiziell anerkennen, daß ihr 50 Jahre währendes Atomwaffenprivileg hinfällig und damit der Sperrvertrag gescheitert ist. Sie sollten Indien und Pakistan als neue A-Waffen-Staaten anerkennen und dann mit diesen und der De-facto- Atommacht Israel Verhandlungen über die schrittweise Abrüstung aller atomaren Arsenale aufnehmen. Nur so lasse sich eine Eskalation in Südasien und die Entstehung zusätzlicher Atomwaffenstaaten verhindern. Als nächste Kandidaten werden der Iran, Ägypten, Syrien und Nordkorea gehandelt. US-Außenministerin Madeleine Albright schloß bei ihrem Abflug nach Genf jedoch kategorisch jede Diskussion über eine Aufnahme Indiens und Pakistans in den Klub der Atommächte aus. Die USA wollten auch über Sanktionen gegen Neu Delhi und Islamabad beraten. Angesichts der bislang ablehnenden Haltung der anderen vier Mächte dürfte es allerdings kaum zu einem Konsens darüber kommen. Offen ist ebenfalls, ob die P5 Indien und Pakistan eine Vermittlung im Kaschmir- Konflikt anbieten werden. Indien war bisher lediglich zu Direktgesprächen mit Pakistan ohne Beteiligung Dritter bereit. Pakistan hingegen wünscht seit längerem eine Vermittlung. Andreas Zumach

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