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In Usbekistan ist der Bart ab

■ Mit Massenverhaftungen, Prozessen und Zwangsrasuren will Präsident Karimow die „fundamentalistische Gefahr“ bekämpfen

Berlin (taz) – Usbekistans Generalstaatsanwalt bläst zur Hatz auf die Wahhabiten. Am Montag forderte er im zweiten Verfahren seit Mai für die Anhänger einer von Saudi-Arabien inspirierten Spielart des Islamismus zwischen 13 und 20 Jahre Haft. Die sieben Angeklagten sollen an den Unruhen im Dezember 1997 in der Stadt Namangan beteiligt gewesen sein, bei denen mehrere Polizisten enthauptet wurden. Einer der Beschuldigten widerrief sein Geständnis und erklärte, er sei in der Haft geschlagen worden.

Bereits Ende Mai wurden in Namangan die mutmaßlichen Organisatoren der Unruhen verurteilt. Vier von ihnen hatten sich des Terrorismus und der Verbreitung des Wahhabismus für schuldig bekannt und geringere Strafen erhalten. Namangan liegt im dichtbesiedelten Ferghana-Tal. Die neun Millionen Einwohner sind von den sozialen Probleme infolge des Zerfalls der Sowjetunion besonders hart betroffen. Islamische Sekten haben großen Zulauf. Ferghana ist aber auch eine Hochburg der ebenfalls verfolgten säkularen Opposition. Ende April traf sich in der Stadt Kokand der Koordinierungsrat der Demokratischen Opposition. Er grenzte sich ausdrücklich von „Radikalen oder extremistischen Aktivitäten“ ab.

Die US-Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) wirft indes den usbekischen Behörden vor, die Vorfälle von Namangan zur Verfolgung aller Muslime zu nutzen. Hunderte Gläubige seien „willkürlich“ festgenommen worden. Usbekistans Präsident Islam Karimow verteidigt dieses Vorgehen. Die Wahhabiten wollten sein Land in ein „zweites Tadschikistan“ verwandeln. Dabei kann er sich auch auf Rußlands Präsidenten Boris Jelzin berufen, der ihn kürzlich seiner Zustimmung in dieser Frage versicherte. Gestern kündigte sein Minister Sergej Stepaschin auf einer GUS-Innenministertagung in Taschkent eine gemeinsame Studie mit Aserbaidschan über „Ausdrucksformen des Wahhabismus in Dagestan“ an, woran auch Usbekistan „Interesse“ gezeigt habe.

Schon im Dezember hatte das US State Department Taschkent dafür kritisiert, daß regierungsunabhängige Mullahs Repressalien unterworfen werden. Ähnlich wie in sowjetischen Zeiten hat die usbekische Regierung eine staatliche Islambehörde eingerichtet. Nach dem neuen Religionsgesetz müssen sich alle religiösen Gruppen registrieren lassen; die religiöse Lehre ohne staatliche Erlaubnis ist verboten. Außer zugelassenen Mullahs ist es den Usbeken verboten, „religiöse Kleidung“ zu tragen. Laut HRW kam es bereits zu Zwangsrasuren von Trägern „muslimischer Bärte“. Thomas Ruttig

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