piwik no script img

Polen verspielt EU-Gelder

■ Versäumte Fristen und schlampige Anträge kosten dem Land Millionen von Fördergeldern

Warschau (taz) – Brüssel hat 34 Millionen Ecu (68 Millionen Mark) aus der Subventionskasse für den Beitrittskandidaten Polen gestrichen. Weitere Anträge im Wert von 16 Millionen Ecu müssen innerhalb einer Zehn-Tage-Frist nachgebessert werden. Auch diese Summe verfällt unwiederbringlich, sollte die polnische Regierung nicht in der Lage sein, die Anträge so zu begründen, daß sie in das EU-Programm „Partnerschaft für den Beitritt“ passen. Auch ein 30-Millionen-Ecu-Fonds für die Restrukturierung des Bergbaus steht auf der Kippe.

Polen hatte seine Förderanträge nicht nur als letztes der sechs Beitrittskandidaten in Brüssel eingereicht, es ist auch das einzige Land, dem bereits zugesagte Subventionen aus dem EU-Hilfsprogramm „Phare“ gestrichen wurden, weil die Projekte nicht den Beitritts- Anforderungen entsprachen. Insgesamt, so warnte EU-Kommissar Hans van den Broek bereits, könnte die EU-Beitrittshilfe von 424 Millionen Mark auf 264 Millionen zusammenschmelzen.

Das Warschauer „Komitee für Europäische Integration“ hält starrsinnig gegen die Vorwürfe. Im Komitee mußte zwar der Stellvertreter des Integrationsministers seinen Hut nehmen, doch der Minister Ryszard Czarnecki schiebt die Schuld auf Brüssel. In einem Zeitungsinterview erklärte der Minister, daß nicht mangelhafte und verspätete Anträge der Grund für die Streichung seien, sondern die Antipathie der Brüsseler Beamten Polen gegenüber. Es sei eine „politische Entscheidung“ gewesen, das habe ihm der EU-Botschafter in Polen gesagt. Dieser dementierte so eisig, daß Außenminister Geremek sich sofort für die „unglückliche Formulierung“ Czarneckis entschuldigte und das nächste Flugzeug nach Brüssel nahm, um die verärgerten EU-Bürokraten zu beruhigen.

Ministerpräsident Buzek hat nun einen Untersuchungsausschuß eingesetzt. Außerdem stellte er Integrationsminister Czarnecki einen „Koordinator“ für die EU-Finanzhilfe als Aufpasser an die Seite. Gabriele Lesser

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen