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Besetzen lohnt sich doch

Durchbruch: Hafenkrankenhaus soll zum Sozial- und Gesundheitszentrum plus Notfallambulanz mit 40 Betten umgebaut werden  ■ Von Heike Haarhoff

Er wolle einen neuen „Sachstandsbericht“ für die künftige Nutzung des stillgelegten Hafenkrankenhauses auf St. Pauli erläutern, bat Stadtentwicklungssenator Willfried Maier (GAL) gestern bescheiden. Dann verkündete er, daß die monatelangen Planungen für ein integriertes Sozial- und Gesundheitszentrum (SGZ) „abgeschlossen“ seien – ein Druchbruch.

Am Zirkusweg sollen eine Notfallambulanz mit bis zu 40 stationären Betten, Facharztpraxen, psychosoziale Betreuungseinrichtungen, unter anderem für traumatisierte Fluchtopfer, sowie ein „Port Health Center“ für verletzte Seeleute entstehen.

„Noch in diesem Sommer“ könne das Zentrum mit den drei „Standbeinen“ sozialer, sozialmedizinisch-präventiver und medizinischer Bereich eröffnen und bis zu 12.000 Menschen aus dem Stadtteil „dezentral und ambulant“ versorgen. Ein „sehr positiver Ansatz“, der „gemeinsam entwickelt wurde“, lobte Beate Meyer von der Stadtteilinitiative Gesundheitszentrum die Planung. Seit der Schließung des Kiezhospitals durch Ex-Sozialsenatorin Helgrit Fischer-Menzel (SPD) im Januar 1997 hatten Zigtausende für den Erhalt des Standorts demonstriert.

Zunächst aber muß noch der Senat zustimmen. Die Chancen dafür „stehen nicht schlecht“, grinste der Senator verschmitzt. Denn das von der Hamburger Hildebrandt GesundheitsConsult GmbH entwickelte Konzept sei „realisierbar und durchgerechnet“. Zwar würden sozialmedizinische Angebote wie eine „Krankenstube“ für Obdachlose ein „Zuschußgeschäft“ bleiben. Das aber liege weit unter den 3,5 Millionen, die die Stadt derzeit jährlich in den Betrieb der Notfallambulanz steckt.

Der „Kern“ des neuen Zentrums, die medizinische Versorgung, werde sich „selbst tragen“, versicherte Michael Klemperer. Der Allgemeinmediziner ist im Vorstand der Gesellschaft „HanseÄrzte St. Pauli“. Dieser Zusammenschluß von 20 Ärzten will einige seiner Facharztpraxen aus St. Pauli und Altona in eine „Praxisklinik“ auf das Gelände verlagern. Durch überwiegend präventive und ambulante Behandlung ließen sich die vergleichsweise hohen Kosten für stationäre Behandlung vermeiden. Die Notfallambulanz werde sich tragen, glaubt Klemperer, denn die Krankenwagen würden sie dank der Betten endlich auch anfahren.

Die Kassenärztliche Vereinigung Hamburg (KV) und der Landesbetrieb Krankenhäuser (LBK) reagierten gestern verhalten optimistisch: Der LBK ist „interessiert“ daran, daß Gebäude und Grundstück des Krankenhauses „weiterverwertet“ werden und niedergelassene Ärzte anstelle des LBK die Notfallambulanz betreiben. KV-Chef Michael Späth unterstützt zwar „ausdrücklich das Praxisnetz“ und will den Ärzten die Erlaubnis zur Niederlassung erteilen. Keine Chancen sieht er aber für die Notfallambulanz: „Nach meinem Kenntnisstand“, warnte Späth, „lehnen die Kassen zusätzliche Betten ab“. Folglich sei die Finanzierung gefährdet, fürchtet auch der gesundheitspolitische Experte der CDU-Bürgerschaftsfraktion, Dietrich Wersich. Doch sei die „vernetzte Gesundheitsversorgung attraktiv und prüfenswert“.

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