: Müll aus der Tiefkühltruhe
■ Neue Abfalltechnik ohne Klimakiller könnte die Müllverbrennung ersetzen / Hamburg will das Pilotprojekt aber nicht haben
Während der Dioxin-Experte Fritz Vahrenholt die zukünftige Hamburger Müllverbrennungsanlage als wegweisend, weil dioxinreduziert preist, sucht die Mannesmann Anlagenbau AG händeringend nach einer Kommune, welche eine revolutionäre neue Abfallbehandlungstechnologie per Pilotprojekt ausprobieren will.
Statt mit Feuer will Mannesmann dem Müll mit einer „Tiefstkälte-Kaskade-Anlage“ an den Kragen. Tiefgefrosteter Müll wird bei minus 160 Grad in bislang unerreichter Qualität getrennt und in hochwertige Rohstoffe recycelt. Das neue System stammt von Harry Rosin, Direktor des Dortmunder Hygiene-Institutes, der bereits mit der Entwicklung des mittlerweile zum Industriestandard avancierten Öko-Kühlschranks weltweite Anerkennung fand.
Ähnlich wie beim Öko-Kühlschrank sorgt auch bei der Tiefstkälte-Kaskade ein geschlossener Kreislauf von Gasen, hier Propan, Methan und Ethan, für die Kühlung. Mannesmann-Ingenieur Wolfgang Nowak lobt das neue Verfahren als „saubere Lösung“, weil es ohne Dioxine sowie die hochgiftigen Klimakiller FCKW und CKW auskommt.
Die Frostanlage ist kombiniert mit pfiffigen Methoden der Sortierung. So sollen elektrische Ladung (Metalle leiten, Kunstoffe nicht) und Licht (zur Trennung von verschiedenen Kunststofftypen) bei der Vor- und Endsortierung der Abfallstoffe helfen. Durch die geschickte Mixtur verschiedener Verfahren, darunter auch eine Biogas-anlage, läßt sich das energieaufwendige Tiefkühlverfahren auf einen kleinen Teil des angelieferten Haus- und Sondermülls begrenzen.
Experten erwarten neben den ökologischen Vorteilen auch eine ökonomische Sensation: Die Abfallbehandlungskosten, wie die Müllbeseitigung neudeutsch heißt, könnten halbiert werden. Vorsichtig schränkt Wolfgang Nowak ein: „Beurteilen können wir das erst, wenn eine Pilotanlage läuft.“
Hamburg hat bisher keinen Kontakt mit Mannesmann aufgenommen. Umweltbehördensprecher Kai Fabig: „Interessieren tut man sich zwar immer. Aber als Ersatz für die geplante Müllverbrennungsanlage käme ein derartiges Pilotprojekt sowieso nicht in Frage.“ fm
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