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Öko-Institut bestätigt Kontaminationen bei Nukem

■ Untersuchung des Unfalls, der im Januar 1987 bei Nukem stattfand, soll im Sommer fertig sein

Frankfurt/Main (taz) – Der Atomexperte des Öko-Instituts in Darmstadt, Michael Sailer, bestätigte gestern gegenüber der taz, daß es im Januar 1987 bei rund 300 Beschäftigten der Hanauer Atomfirma Nukem tatsächlich „spontane Dosimeterkontaminationen“ gegeben habe. Es stehe außer Zweifel, daß es bei Nukem im Januar 1987 zu einem „Ereignis“ gekommen sein müsse, wie die taz unter Bezugnahme auf ein Gutachten der Arbeitsgemeinschaft Physikalische Analysen und Messungen (ARGE PhAM) berichtete (taz vom 8.6.98). Laut Sailer könnte es dafür aber auch andere Ursachen geben als den von der ARGE PhAM in insgesamt vier Berichten – zunächst ans hessische Umweltministerium und dann an die Staatsanwaltschaft in Hanau – behaupteten Explosionsunfall vom 20. Januar 1987 bei Nukem.

Sailer ist Leiter der Gutachtergruppe des Öko-Institits, die im Auftrag des Umweltministeriums seit Jahresbeginn herausfinden soll, ob es bei Nukem damals zu einem illegalen Umgang mit Kernbrennstoffen und zur Freisetzung von Radiaktivität kam. ARGE Pham war im Auftrag der Staatsanwaltschaft und im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens offenbar teilweise zeitgleich mit dem Öko- Institut bei Nukem gutachterlich tätig. Die „Sache mit den Dosimetern“ jedenfalls sei Gegenstand weiterer Untersuchungen des Öko-Instituts, die „im Sommer“, so Sailer, ihren Abschluß finden sollen. Solange die Ursache für die Kontaminationen nicht sicher feststehe, wolle er auch einen von ARGE PhAM behauteten Explosionsunfall nicht gänzlich auschließen. Er halte das aber „zum jetzigen Zeitpunkt für ein eher unwahrscheinliches Ereignis“.

Daß sich ARGE PhAM „unzulässiger Meßmethoden“ bedient habe, behauptet das Magazin Focus unter Berufung auf Sailer. Gegenüber der taz legte Sailer allerdings Wert auf die Feststellung, daß sich dieser Vorwurf nicht auf die Dosimeterbewertung durch ARGE PhAM beziehe. Die erhöhten Werte waren von der renommierten Gesellschaft für Strahlen- und Umweltschutz und nicht von der ARGE PhAM ermittelt worden. „Unzulässig“ sei die Meßmethode der Gießener Wissenschaftler lediglich im Zusammenhang mit Messungen im sogenannten Faßlager der Nukem. Dort wird Plutonium vermutet, für das Nukem keine Umgangsgenehmigung besaß. In dem Gutachten vom März 1998, das der taz vorliegt, ist von diesem Faßlager nicht die Rede. Klaus-Peter Klingelschmitt

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