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Quotenkiller Kalanke wieder abgeblitzt

■ Jahrelang kämpfte der erfolglose Stellenbewerber gegen die Quote / Gestern verlor er erneut vor Gericht / Eckhard Kalanke wird wieder nicht Abteilungsleiter im Gartenbauamt

Was will dieser Mann? „Gerechtigkeit“ – sagt Eckhard Kalanke in einem Ton, der wohl passend mit der Redewendung „Brustton der Überzeugung“ umschrieben werden kann. „Ich wollte etwas für Familien mit Kindern tun“, sagt er weiter. „Ich hatte damals zwei Kinder, die noch in der Ausbildung waren. Frau G. ist verheiratet und hat keine Kinder.“

Damals – das heißt 1991 – wollte Eckhard Kalanke Sachgebietsleiter im Bremer Gartenbauamt werden. Das Bremische Gleichstellungsgesetz verschaffte seiner Mitbewerberin Frau G. allerdings den Job. Bei gleicher Qualifizierung werden Frauen bevorzugt, hieß es damals noch im Bremischen Gleichstellungsgesetz. Inzwischen ist das Gesetz ausgebessert worden, nachdem der Europäische Gerichtshof die Bremer Frauenquote 1995 gekippt hatte, weil die Härteklausel fehlte. Ermutigt durch diesen Sieg, prozessierte Kalanke weiter. Gestern scheiterte er vor dem Bremer Landesarbeitsgericht. Frau G. wird weiterhin Sachgebietsleiterin im Gartenbauamt bleiben.

Das Verfahren Kalanke gegen Freie Hansestadt Bremen füllt Aktenordner über Aktenordner. Sieben Jahre lang klagt sich Kalanke durch die Instanzen. Nachdem das Bundesarbeitsgericht entschieden hatte, daß Kalanke – aufgrund des Urteil des Europäischen Gerichtshofes – verlangen könne, daß seine Bewerbung „noch einmal beschieden werden müsse“, schrieb die Stadt die Stelle neu aus. Nach einem Vorstellungsgespräch mit beiden Bewerbern, machte Frau G. wieder das Rennen.

Kalanke zog vors Arbeitsgericht. Die Klage wurde abgewiesen. Kalanke ging in die Berufung und stand gestern vor dem Landesarbeitsgericht.

Die Vorsitzende Richterin Sabine Kallmann und ihre Beisitzer (eine Dame und ein Herr) wiesen die Berufung als unbegründet zurück. „Das Landesarbeitsgericht vertritt die Auffassung, daß das Auswahlverfahren mit der endgültigen Besetzung der Stelle abgeschlossen ist und deshalb kein Anspruch auf eine erneute Vergabe besteht“, heißt es in der Begründung. Die Leitungsfunktionen könnten der Mitbewerberin nicht mehr entzogen werden. „Auf eventuelle Verfahrensfehler im Besetzungsverfahren kam es nicht an.“ Die Bemühungen der Vorsitzenden Richterin, die Parteien zu einer gütlichen Einigung zu bewegen scheiterten. „Ein Verfahren, das Geschichte geschrieben hat, muß ja nicht weiter geschrieben werden“, sagte Kallmann. Eckhard Kalanke ist 60 Jahre alt. Sollte er weiter prozessieren, hätte er bei einer endgültigen Entscheidung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit schon das Rentenalter erreicht. „Herrn Kalanke rast die Zeit ja auch davon.“

Er arbeitet inszwischen beim Umweltsenator. Derzeit würden Verhandlungen über eine Einigung geführt. Auch ein neuer Job sei im Gespräch, sickerte am Rande der Verhandlung durch. Das Landesarbeitsgericht hat Kalanke die Möglichkeit eingeräumt, Revision einzulegen. Und das wollte er zumindest gestern vor Urteilsverkündung noch tun. „Ich gebe nicht auf“, sagte Kalanke. „Das war eine große Ungerechtigkeit, die mir damals widerfahren ist.“

Übrigens: Seine Prozeßwut hat in den vergangenen sieben Jahren nach vorsichtigen Schätzungen etwa 100.000 Mark gekostet. Kalanke muß davon aus eigener Tasche etwa die Hälfte, also 50.000 Markl zahlen – das sind in etwa die Kosten für ein Studium. kes

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