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Gebet und Spiele

■ Prozeß gegen Teherans Bürgermeister wegen WM verschoben. Koran unerwünscht

Teheran (AFP/dpa) – Zur Zeit der Fußballweltmeisterschaft unterliegt selbst der Prozeß gegen den populären Teheraner Bürgermeister Gholamhossein Karbastschi anderen Gesetzen. Der Richter verschob gestern die eigentlich für den kommenden Sonntag geplante Fortsetzung des Prozesses auf Donnerstag, den 25. Juni. Denn am Sonntag spielt die iranische Mannschaft bei der Fußballweltmeisterschaft in Frankreich gegen den Erzrivalen USA. So solle die Bevölkerung „dieses heikle und wichtige Spiel für unser Land“ verfolgen können, begründete der Richter seine Entscheidung.

Doch der neue Termin für die Fortsetzung des Korruptionsprozesses scheint auch nicht besonders glücklich gewählt: Am 25. Juni spielt Iran gegen die deutsche Mannschaft. Im ersten Vorrundenspiel gegen Jugoslawien hatte Iran mit 0:1 verloren. Die Fernsehübertragung des Prozesses büßte seit WM-Beginn deutlich an Zuschauern ein, da sie gleichzeitig mit dem letzten Spiel des Tages um 23 Uhr Ortszeit ausgestrahlt wird.

Karbastschi werden „Mißbrauch öffentlicher Mittel“ und „schlechte Amtsführung“ vorgeworfen. Am gestrigen dritten Verhandlungstag kam es zu einem verbalen Schlagabtausch zwischen dem Angeklagten und dem Richter. Zu gestrigen Beginn der Verhandlung bat Gholamhossein Karbastschi darum, einige Sätze zu Ehren des Schwiegersohnes des Propheten Mohammed sagen zu dürfen. Der Richter unterbrach ihn daraufhin mit den Worten, er sei in einem Gerichtssaal und nicht in einer Moschee. „Ich dachte nicht, daß Worte zu Ehren des Imams Ali eine Mißachtung des Gerichtes sind“, antwortete Karbastschi. Ali wird insbesondere von der im Iran vorherrschenden schiitischen Glaubensrichtung des Islam verehrt.

Karbastschi wies erneut alle Vorwürfe zurück und bezeichnete das Verfahren gegen ihn als eine von der Politik gesteuerte Inszenierung der konservativen Justiz zur Schwächung der Regierung um den gemäßigten Präsidenten Mohammed Chatami.

Karbastschi ist ein enger Vertrauter Chatamis. Anfang April war Karbastschi festgenommen worden, wenig später jedoch nach Stundentenprotesten auf Intervention des Präsidenten wieder freigelassen worden.

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