: Weiter Kritik an Roten Händen
■ Im Osten mehren sich die Stimmen gegen das Rote-Hände-Plakat der CDU-Zentrale. Sachsens Justizminister Steffen Heitmann: "Verheerende Wirkung". Meck-Pom-CDU ist gegen das Plakat
Leipzig (taz) – Das Rote-Hände-Plakat, von CDU-Generalsekretär Peter Hintze als Wunderwaffe im Bundestagswahlkampf gedacht, entpuppt sich immer mehr als Rohrkrepierer. Nach wochenlangem Grummeln an der ostdeutschen Parteibasis setzte sich gestern auch die CDU in Mecklenburg-Vorpommern offiziell von der Linie des Konrad-Adenauer- Hauses ab. Der Fraktionschef im Schweriner Landtag, Eckhardt Rehberg, erklärte, sein Landesverband werde das Plakat im Wahlkampf nicht einsetzen.
Zuvor hatte es aus Sachsen erneut scharfe Kritik an der Strategie der Bundes-CDU gegeben. Justizminister Steffen Heitmann sagte gegenüber der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung, die Rote-Hände-Kampagne häbe „eine verheerende Wirkung im Osten“. Zwar möge es sein, daß sie der Union im Westen Stimmen bringe, in den neuen Ländern aber treibe sie „der PDS die Sympathisanten erst zu“. Heitmann, 1994 für kurze Zeit CDU-Kandidat für das Bundespräsidentenamt, hält Hintzes Denk- und Argumentationsweise für zu simpel. Die Konservativen im Osten hätten zu den „Menschen, die in der SED wirkten“, ein differenzierteres Verhältnis: „Sie unterscheiden zwischen Funktionären, Mitläufern und den Idealisten, die es auch in der SED gab.“
Heitmanns Aussagen an sich waren unspektakulär: Mehrmals in den vergangenen Wochen hatte sich der Minister in dieser Richtung geäußert, ist nur einer von vielen kritischen Ost-CDUlern und liegt außerdem durchaus auf der offiziellen Parteilinie der Sachsen- CDU. Trotzdem klingelten in Heitmanns Büro die Telefone heiß, bundesweit wollten die Medien weitere Statements. Doch Sprecher Friedrich Stolberg konnte nur trösten, Heitmann sei auf der Rückreise von der Justizministerkonferenz in Rostock, an deren Rande er die Zitate zufällig in einen Block diktiert habe. Die sächsische CDU war von den hohen Wellen ebenso überrascht, reagierte verschnupft und ruderte merklich zurück. Hinter vorgehaltener Hand verlautete aus der Partei, Heitmann sei doch nicht mal reguläres Mitglied des Landesvorstandes, er spreche nicht für die Partei. Sachsens Generalsekretär Steffen Flath betonte nochmals, daß er dem Motiv zwar zugestimmt habe, es in Sachsen aber keine große Rolle spielen werde. Er bestritt, daß hinter der Kritik Heitmanns irgendein Kalkül der sächsischen CDU stecke.
Auch Landesparteichef Fritz Hähle übte sich im Krisenmanagement, um der angeschlagenen Bundes-CDU nicht noch mehr zu schaden. In einer lauen Pressemitteilung verteidigte er die roten Hände. „Ein gutes Plakat zeichnet sich dadurch aus, daß alle darüber reden.“ Auch die sächsische CDU stehe hinter der „eigentlichen Aussage des Plakates“, nämlich dem Spruch „Aufpassen, Deutschland!“ Doch daß „dies nicht die einzige und wichtigste Aussage der Union im Bundestagswahlkampf sein wird, versteht sich von selbst“. Toralf Staud
Kommentar Seite 12
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen