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Normenkontrollklage gegen Nationalpark

■ Waldbesitzer wehren sich gegen Beschränkung durch die Schutzverordnung

München/Grafenau (taz) – Muß der Borkenkäfer in Nationalparks flächendeckend bekämpft werden oder nicht? Mit dieser Frage beschäftigt sich seit gestern der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in München. Zudem soll generell geklärt werden, ob Landstriche, die seit Jahrhunderten kultiviert wurden, überhaupt als ursprünglich und damit nationalparkwürdig anzusehen seien.

Kläger sind das Ehepaar Henriette und Karl Braumandl aus Grafenau im niederbayerischen Landkreis Feyung/Grafenau, deren Weiler „Waldhäuser“ sich mit Gasthaus und Pension inmitten des Schutzgebietes befindet. Auch acht Hektar Wald gehören zum Besitz der Braumandls.

Da gemäß internationaler Richtlinien in ausgewiesenen Nationalparks menschliches Eingreifen auf Dreiviertel der Fläche nicht mehr erlaubt ist, darf auch der Borkenkäfer innerhalb des Schutzgebietes nicht mehr bekämpft werden. Die seit über zwei Jahren anhaltende Plage des Käfers hat aber allein seit Mai dieses Jahres dafür gesorgt, daß rund 13.000 Fichten gefällt werden mußten. Aus Sorge vor einem Befall ihres Privatwaldes hatten die Braumandls deshalb im vergangenen Herbst eine Normenkontrollklage beim Münchner Verwaltungsgerichtshof eingereicht.

In der Klageschrift verweisen sie auf die „unmittelbare und unzumutbare Beschränkung“ für ihr Eigentum durch die Nationalparkverordnung. Sie wollen durchsetzen, daß sie so weit abgeändert wird, daß zumindest die Bekämpfung des Borkenkäfers möglich wird.

Seit im August vergangenen Jahres die Fläche des ältesten und ersten deutschen Nationalparks Bayerischer Wald auf 242,5 Quadratkilometer nahezu verdoppelt wurde, gibt es in den angrenzenden acht Gemeinden eine Reihe von Bürgerinitiativen, die die Ausweitung rückgängig machen wollen. Während sich einige Bürger in ihrem freien Betretungsrecht eingeschränkt fühlen, ärgern andere sich darüber, daß sie nicht mehr überall Pilze und Beeren sammeln können. Wieder anderen geht es ums Reiten und Radfahren, und die Stadt Zwiesel fürchtet gar um ihr Trinkwassereinzugsgebiet, das nun im Schutzgebiet liegt.

Trotzdem zeigt sich die Nationalparkverwaltung, die direkt dem bayerischen Landwirtschaftsministerium untersteht, zuversichtlich. Wie der zuständige Öffentlichkeitsreferent Rainer Pöhlmann berichtete, läßt die zunächst breite Ablehnung durch die Bevölkerung inzwischen immer mehr nach. So gebe es mittlerweise schon drei Bürgerinitiativen „pro Nationalpark“. Um die Skeptiker zu überzeugen, setzt Pöhlmann vor allem auf Aufklärung. Es sei wichtig, daß sich die Menschen mit „ihrem Nationalpark“ identifizieren, seinen Sinn und Nutzen erkennen, sagte er.

Über den möglichen Ausgang der Normenkontrollklage will Pöhlmann nicht spekulieren. Auch von seiten des Landwirtschaftsministeriums war gestern keinerlei Stellungnahme zu erhalten. Bei Redaktionsschluß ging der Pressereferent des Verwaltungsgerichts, Peter Kissner, noch davon aus, daß die Verhandlung den ganzen Tag dauern werde. Das Urteil werde dann vermutlich schriftlich zugestellt. Manuela Knipp-Dengler

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