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KommentarDie Angst vor Pastor Hintze

■ Ausschuß verschiebt heroinpolitische Entscheidungen

WM-Reporter würden sagen: fehlendes Selbstbewußtsein! Deshalb die Niederlage. Der Gesundheitsausschuß des Deutschen Bundestages hat kurz vor der Ziellinie gekniffen. Angst essen Courage auf. Die Einrichtung und gesetzliche Absicherung von Fixerräumen, die ärztliche Abgabe von Heroin, die Wende in der Drogenpolitik – alles vertagt auf die nächste Legislaturperiode. Nicht der Gesundheitsraum, sondern das Bahnhofsklo bleibt damit die erste Anlaufadresse der Junkies. Nicht der Arzt, sondern Drogenmafia und Dealer bleiben die wichtigsten Kontaktpersonen. Das ist enttäuschend für all jene, die in den letzten Jahren bis zum Burn-out für eine andere Drogenpolitik gekämpft haben. Ein mehrheitsfähiger Vorschlag liegt auf dem Tisch, aber es fehlt der Wille und Mut ihn umzusetzen.

Die Junkies müssen also noch ein wenig Geduld haben. Und sie müssen noch ein wenig sterben. Am Ende ist nach jahrelangen Expertenanhörungen und Exkursionen zu Schweizer Vorzeigeprojekten die Mehrheit der Gesundheitspolitiker zwar theoretisch zu einer drogenpolitischen Kurskorrektur bereit, doch wegen der heißen Wahlkampfperiode will man „keine Schlammschlacht“ riskieren und votiert ganz praktisch dann doch lieber für Nichtbefassung. Die Angst vor Pastor Hintze ist bei FDP und SPD größer als die Vernunft.

Außerdem sind sich vor allem die FDP- Abgeordneten nicht sicher, ob die Partei der Kraftprobe standgehalten hätte oder ob sie bei der Abstimmung im Bundestag unter dem Druck der Koalitionsdisziplin nicht doch eingeknickt wäre: die chronische FDP-Seuche. Es ist aber bemerkenswert, daß auch die SPD die Verschiebung wollte und betrieb. Womit sich erneut die Frage stellt, welche Reformen ein rot-grünes Reformprojekt mit den Sozialdemokraten eigentlich durchsetzen will.

Es bleibt also bei Stillstand und Chaos. In einigen Städten gibt es Gesundheitsräume, doch die Junkies, die sie besuchen, können nicht sicher sein, ob sie nicht auf der Türschwelle wegen Drogenbesitzes verhaftet werden. Gegen die Betreiber der Hamburger Druckräume läuft ein Verfahren. Zugleich wollen immer mehr Ärzte, Oberbürgermeister und Polizeipräsidenten den pragmatischen Umgang mit den Suchtkranken. Sie müssen weiter warten. Der nächste wichtige drogenpolitische Termin ist der 31. Dezember. Dann werden die Toten gezählt. Manfred Kriener

Bericht Seite 4

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