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■ Untersuchungsausschuß zum Rechtsextremismus in der BundeswehrDas Märchen vom Generalverdacht

Außer Spesen nichts gewesen? War der parlamentarische Untersuchungsausschuß zu rechtsextremen Vorfällen in der Bundeswehr eine völlig überflüssige Veranstaltung? Diese Meinung vertreten Ausschußmitglieder der Koalitionsparteien, allen voran Verteidigungsminister Volker Rühe. Sie ziehen Nutzen daraus, daß in einer Mediengesellschaft der Hunger nach immer neuen Sensationen groß ist und das Interesse an Meldungen von gestern schnell erlischt.

Nach den Schlagzeilen über den Vortrag des Rechtsextremisten Manfred Roeder an der Führungsakademie der Bundeswehr hatte sich die öffentliche Aufmerksamkeit bald anderen Themen zugewandt. Die Tatsachen, die der Untersuchungsausschuß zutage gefördert hat, sind nicht spektakulär. Nur alarmierend.

Niemand hat je behauptet, daß die Bundeswehr rechtsextremistisch ist. Es ging dem Untersuchungsausschuß auch nicht darum, die Streitkräfte, wie Rühe es gerne formuliert hat, unter „Generalverdacht“ zu stellen. Es ging um die Frage, ob bestimmte Strukturen der Bundeswehr Rechtsextremisten den Zugang zur Armee erleichtern und ob die Brandmauern hoch genug sind. In dieser Hinsicht können die Ergebnisse der Zeugenbefragungen nicht beruhigen.

Mängel in der politischen Bildung, das Verschweigen von peinlichen Vorfällen als Ergebnis falsch verstandener Solidarität, die Unsicherheit, was eigentlich unter Rechtsextremismus zu verstehen ist, eine schrittweise Aushöhlung des Prinzips der Inneren Führung, sinnentleerte Traditionspflege – all diese Probleme sind heute in der Bundeswehr keine Randerscheinungen, sondern Alltag.

Am interessantesten wurde es im Ausschuß, wenn untere Dienstränge zu Wort kamen. Die Kommandeure wußten, was von ihnen erwartet wurde, und hatten von rechtsextremistischen Umtrieben nichts gewußt. Wenn sie etwas gewußt hätten, dann hätten sie etwas unternommen. Punktum. Offiziere niedrigerer Ränge konnten es sich so leicht nicht machen. Ihre Ratlosigkeit, wenn sie zwischen einem Dummejungenstreich einerseits und einem meldepflichtigen Vorkommnis andererseits zu entscheiden hatten, bezeugte, daß sie sich in Fragen der geistigen Orientierung oftmals allein gelassen fühlen. Das gilt um so mehr, als der Umbau der Streitkräfte hin zu einer interventionsfähigen Armee auch weltanschaulich neue Fragen mit sich bringt.

Rühe hat der politischen Bildung während seiner Amtszeit weit weniger Aufmerksamkeit geschenkt als der Umstrukturierung der Bundeswehr im Blick auf ihre neuen Aufgaben innerhalb der Nato. Dabei gewinnt die Wertgebundenheit des Grundgesetzes gerade bei einer Armee an Bedeutung, die auch im Ausland eingesetzt wird. Politische Bildung ist gewiß kein Allheilmittel. Wehrpflichtige kommen oft bereits mit festgefügten Vorstellungen zur Armee und lassen sich nicht durch einige Schulstunden von ihrem Kurs abbringen. Aber zum einen haben die rechtsextremen Vorfälle, die von den Parlamentariern untersucht wurden, durchaus auch ernstes Fehlverhalten bei Berufssoldaten zutage gefördert. Und zum anderen lassen sich gefährliche Tendenzen um so besser bekämpfen, je präzisere Informationen vorliegen.

Auch Wissenschaftler von Bundeswehrinstitutionen haben die unzureichende Datenlage vor dem Ausschuß beklagt und sogar darauf hingewiesen, daß Forschungen zu bestimmten Themen nicht gern gesehen sind. Es bleibt unverständlich, weshalb Rühe sich so vehement gegen eine sozialwissenschaftliche Untersuchung der Streitkräfte wehrt und als Argument dagegen wieder einmal den angeblichen „Generalverdacht“ bemüht. Als ob eine Untersuchung über die soziale Lage alleinerziehender Mütter die Vermutung nahelegte, die schliefen alle unter Brücken.

Es ist Rühe gelungen, Kritik an seiner Amtsführung als prinzipielle Gegnerschaft zur Bundeswehr erscheinen zu lassen. Angesichts einer positiven Grundeinstellung der Mehrheit der Bevölkerung gegenüber den Streitkräften dürfte das für sein politisches Fortkommen nützlich sein. Der Armee dient es nicht. Bettina Gaus

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