Privatsphäre und öffentliches Interesse

■ Bei Streit von Caroline und „Bunte“ geht es auch um Pressefreiheit

Berlin (taz) – Wie weit reicht die Privatsphäre von Prominenten – und wo beginnt die „soziale Sphäre“, in der sie zum legitimen Objekt der Medien werden? Gibt es ein „öffentliches Interesse“ an Fotos, die den Prinzen Ernst August von Hannover (seinerzeit noch anderweitig verheiratet) mit seiner neuen Geliebten, Caroline von Monaco, zeigen? Mit solchen Fragen schlagen sich deutsche Gerichte derzeit in Dutzenden von Verfahren herum. In den meisten von ihnen vertritt die Hamburger Anwaltskanzlei von Matthias Prinz die Seite der Prominenten, auf der anderen Seite steht ihr Lieblingsgegner, der Burda-Verlag mit seinem Flaggschiff Bunte. Prinz setzt alles daran, daß sich die Yellow Press möglichst wenig um die Privatbelange seiner Mandanten kümmert: durch Paparazzi-Fotos, Veröffentlichung schlüpfriger Details (Wie breit war das Hotelbett, in dem Caroline und Ernst August übernachteten?) – aber auch ein gezeichnetes Familienfoto von diesem.

Die juristische Lage ist kompliziert: Einerseits darf jede „absolute Person der Zeitgeschichte“ in der Öffentlichkeit auch gegen ihren Willen fotografiert werden – dazu zählen regierende Adelshäuser. Andererseits gehört die Familie derer von Hannover nicht dazu. Nur wenn Ernst August sich gemeinsam mit Caroline in der Öffentlichkeit zeigt, gilt er als „relative Person der Zeitgeschichte“ – und kann sich gegen Fotos nicht wehren.

Matthias Prinz hat vor Hamburger Gerichten eine Reihe von Urteilen erwirkt, in denen die Grenze der Pressefreiheit wesentlich enger gezogen wird als in der bis dahin gültigen Rechtsprechung. Erst vor sechs Wochen erstritt er für Ernst August wegen einer Reihe von Fotos in Bunte 100.000 Mark Schmerzensgeld. Er will eine abschreckende Wirkung erzielen – gegen die „Zwangskommerzialisierung der Persönlichkeitsrechte“. Nicht nur bei Verlegern von bunten Magazinen, sondern unter Journalisten steigt derweil die Furcht, viel unerwünschte Berichterstattung – nicht nur über Prominente – könnte künftig verhindert werden, wenn auch andere Gerichte die Privatsphäre weiter ausdehnen. MR