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Schwul, abgeschoben, gesteinigt?

■ Abschiebung: Iraner fürchtet Steinigung / Liebster angeblich bereits tot

Schon seit dem 5. Juni soll sich Karim N.* in der Ausländerbehörde im Landkreis Hameln-Pyrmont bei Hannover melden. Die Beamten wollen endlich die „Ausreisemodalitäten“ mit dem Iraner klären. Damit dieser zu seiner eigenen Steinigung abgeschoben werden kann, sagt der niedersächsische Flüchtlingsrat. Genau so, wie bereits ein Freund von Karim N. – am 26. April dieses Jahres in der iranischen Stadt Kish.

Doch das zuständige Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge in Oldenburg glaubt nicht an die grausame Hinrichtung und hat das Asylbegehren als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt. Denn als Asylgrund hat der verheiratete Familienvater Karim N. angegeben, er habe zusätzlich eine homosexuelle Beziehung zu dem Mann unterhalten, mit dem er einen gemeinsamen Verkaufsstand betrieben hat. Mit dem Mann, der im April angeblich an einen Pflock gebunden und so lange mit Steinen malträtiert wurde, bis er tot war. Karim N. selbst ist laut Flüchtlingsrat der Festnahme nur durch „einen puren Zufall“ entgangen und konnte nach Deutschland fliehen.

Dies lehnte das Bundesamt jedoch als Asylgrund ab, da Karim N. „nie bei der Ausübung seiner homosexuellen Handlungen entdeckt wurde“. Im übrigen sei die gesamte Geschichte „offensichtlich frei erfunden“, da sich Karim N. und seine Frau bei der Anhörung widersprochen hätten. Gegen diesen Entscheid kann jetzt nicht einmal mehr vor dem Verwaltungsgericht geklagt werden, da der Anwalt von Karim N., Adnan-Menderes Erdal, „aus Kostengründen“ keinen vorläufigen Rechtsschutz beantragt hat. Er hat stattdessen eine Klage beim Verwaltungsgericht eingereicht, um ein Abschiebehindernis feststellen zu lassen – nämlich die drohende Todestrafe. Dazu läßt der Anwalt momentan mehrere Papiere auf ihre Echtheit prüfen: Eine Aussage von dem Vater des gesteinigten Freundes, das Todesurteil gegen Karim N. sowie den Haftbefehl der iranischen Behörden.

Solange das Verwaltungsgericht in dieser Sache aber nicht entschieden hat, kann Karim N. abgeschoben werden. Und der Landkreis Hameln-Pyrmont hat in einem Schreiben, das der taz vorliegt, angekündigt, umgehend Reiseausweise zu beschaffen und die Abschiebung einzuleiten. Ein Aufschub bis zur Klage-Entscheidung müsse nicht abgewartet werden.

Karim N. bleiben darum vorläufig nur noch zwei Chancen. Der niedersächsische Landtag hat sich seines Schicksals angenommen und das Verfahren an den Petitionsausschuß des Deutschen Bundestages weitergeleitet. Dort hieß es gestern, man bearbeite den Fall im Eilverfahren, warte derzeit aber auf eine Stellungnahme des Bundesinnenministeriums. Sollte auch dieser Strohhalm untergehen, will sich Anwalt Erdal an das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe wenden. Zumal die Abschiebung eines Flüchtlings in ein Land, in dem er wegen Homosexualität gesteinigt werden soll, gegen Artikel 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention verstößt. Wenn die Angaben von Karim N. stimmen und er wirklich von seinen Häschern im Iran erwartet wird. Darüber muß jetzt das Oldenburger Verwaltungsgericht entscheiden. Solange dieses Urteil aber aussteht, fordert der Flüchtlingsrat, die Abschiebung von Karim N. auszusetzen.

* Name geändert Jens Tittmann

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