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Intakte Kulturlandschaft

Die vierte VeloTour: Mit dem Rad zwischen alten Entwässerungsgräben durchs Kremmener Luch, zum Barockschloß in Meseberg und ins mittelalterliche Gransee  ■ Von Benno Koch

Die 60 (30) Kilometer lange Strecke ist nahezu autofrei und führt überwiegend über befestigte, leicht befahrbare Wege. Nur in den Ortschaften sind die Straßen größtenteils mit Kopfsteinen gepflastert. Im zweiten Teil der Tour dominiert Hügel- und Seenlandschaft mit zum Teil leichten Steigungen.

Seit einigen Tagen fährt die Bahn wieder in das kleine Ackerbürgerstädtchen Kremmen. Der verschlafen wirkende, 700jährige Ort war einst Bahnknoten und will mit seinem 50 Häuser umfassenden Scheunenviertel nun sogar Teil der „Expo 2000“ werden.

Unser Radtourentip beginnt am Bahnhof. Über das alte Kopfsteinpflaster der Stadt erreichen wir den Markt, halten uns dahinter rechts und zweigen kurz darauf in den unscheinbaren Seeweg ab. Nach wenigen hundert Metern biegen wir links auf einen Feldweg ein, der nach einer kleinen Kurve als Asphaltstraße direkt ins Kremmener Luch führt. Seit dem 18. Jahrhundert wurde die Landschaft mit Entwässerungsgräben durchzogen und für die Landwirtschaft nutzbar gemacht. Trotzdem ist die Natur zwischen weidenden Rindern und Schafen noch weitgehend intakt. Durchziehende Kraniche aus Skandinavien und Osteuropa, aber auch unzählige andere Vogel- und Insektenarten finden hier ideale Lebensbedingungen.

Der folgende Plattenweg führt über den kleinen Moorhof mit einzelnen, reetgedeckten Häusern zur Allee nach Linumhorst und zur Stahlbrücke über den Alten Rhin. Rechter Hand zweigt eine Kopfsteinpflasterstraße ab. Auf dem schmalen Randstreifen radeln wir bis zur Brücke über den Bützrhin und nehmen dann den abzweigenden Plattenweg nach Wall. Wir überqueren die noch stillgelegte Bahnstrecke des künftigen Prignitz-Expreß und zweigen hinter dem Neukammer Luchgraben links ab.

Diejenigen, die schon immer einmal wissen wollten, wie ein Golfplatz innerhalb der Umzäunung aussieht, können hier dazulernen. Auf der Übungswiese des angrenzenden, künftigen 9-Loch- Platzes kosten 50 Bälle ganze 5 Mark. Anschließend führt der später asphaltierte Weg am baumbestandenen Entwässerungsgraben direkt nach Herzberg. Am kleinen Bahnhof des Ortes besteht nach 30 Kilometern im Fahrradsattel erstmals die Möglichkeit, mit der Bahn nach Berlin zurückzufahren.

Wir radeln natürlich weiter, überqueren am Bahnübergang die Gleise und folgen dem ruhigen, asphaltierten Feldweg nach Vielitz Hier treffen wir auf die Radroute N 3. Die alte Kopfsteinpflasterstraße durch den Ort wurde speziell für Radfahrer an den Rändern mit modernen Verbundsteinen eingeebnet. Der Weg führt um den Vielitzsee herum nach Seebeck. Von den umliegenden Hügeln gibt es dabei schöne Ausblicke. Vorbei an Obstplantagen geht es nach Strubensee. Ein kurzer Abstecher zur Klosterruine in Lindow ist von hier aus möglich. Aber auch die kleine Fachwerkkirche in Strubensee aus dem Jahre 1693 will entdeckt werden. Nun führt der Weg durch die Baumgartener Heide und wird stellenweise recht sandig. Zum Entsetzten der Radfahrer ist die offizielle Radroute auf einem Abschnitt auch als Reitweg freigegeben. So meiden wir den Uferweg am Huwenowsee und fahren geradeaus durch den angenehm kühlen Mischwald nach Meseberg. Neben der Dorfkirche beeindruckt vor allem das wiederentstehende Schloß am See. Noch ist der Prachtbau aus dem Jahre 1737 jedoch nur durch den Bauzaun zu bewundern. Zusammen mit dem terrassierten Barockgarten galt die Anlage zur Zeit ihrer Erbauung als Konkurrenz zu Rheinsberg. Heute herrscht hier eher Beschaulichkeit. Wir halten uns links und erklimmen auf einer alten Kastanienallee einige Höhenmeter hinauf nach Baumgarten. Am Eingang des hübschen Dorfes zweigt rechts der Weg zum Großen Dölschsee ab. An der Lichtung biegen wir ab und erreichen einen schmalen Pfad direkt am Ufer, der uns linker Hand zur Badestelle führt. Mit etwas Glück hat man den klaren Waldsee selbst am Wochenende für sich allein.

Dem anschließenden Waldweg folgen wir bis zur Kreuzung, biegen dann links ab und erreichen nach insgesamt 60 Kilometern Gransee. Innerhalb der Stadtmauer aus dem 14. Jahrhundert sind noch die Reste des Barfüßer- Mönchskloster sowie die St. Marienkirche aus dem späten 13. Jahrhundert zu finden. Gleich gegenüber befindet sich das Restaurant Huckeduster, nicht ganz so betagt wie die mittelalterliche Stadt, als Abschluß der Radtour jedoch unbedingt empfehlenswert. Anschließend geht es vom Bahnhof Gransee mit dem Regionalexpreß zurück nach Berlin.

Hinfahrt ab Berlin-Zoo mit RE 5 ab 7.49 Uhr alle zwei Stunden bis Hennigsdorf und dort umsteigen in RB 55 nach Kremmen.

Rückfahrt ab Herzberg bis 21.07 Uhr alle zwei Stunden (zusätzlich 17.55 Uhr) nach Berlin-Lichtenberg.

Rückfahrt ab Gransee bis 22.39 (21.36) Uhr stündlich.

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