Hochsicherheitstrakt Montpellier

■ Deutschen Hooligans war der Weg ins französische Montpellier zu weit, aber die englischen Kollegen sind unterwegs nach Lens. Michael Schumacher relativiert seine Hool-Äußerung

Montpellier/Berlin (dpa/taz) – Die befürchteten Auschreitungen am Rande des WM-Spiels zwischen dem Iran und Deutschland am Donnerstag abend in Montpellier sind ausgeblieben. Statt dessen konzentrierten sich die französischen Sicherheitskräfte nun auf Lens, wo gestern abend das entscheidende Match zwischen England und Kolumbien um den Einzug ins Achtelfinale stattfand. Bereits in der Nacht zum Freitag waren dort rund 50 Personen festgenommen worden, in der Mehrzahl betrunkene Briten. Wie bei den bisherigen England-Spielen in Marseille und Toulouse kam es erneut zwischen Engländern und französischen Jugendlichen arabischer Abstammung zum Konflikt.

Tags zuvor hatte sich Montpellier vor dem Deutschland-Spiel als Hochsicherheitstrakt präsentiert. Alkoholausschank war ab 14 Uhr verboten, die Stadt relativ leer. Anreisende Fans wurden an den Autobahn-Mautstellen mehrfach gefilzt. Intensität und Anzahl der Kontrollen waren offenbar relativ zur Haarlänge der Fahrzeuginsassen. Doch offensichtlich war das im Süden gelegene Montpellier den deutschen Hooligans zu weit entfernt. Auch für den befürchteten Aufmarsch deutscher Hools in Lens, um sich dort mit englischen Kollegen zu prügeln, gab es zunächst keine Anzeichen.

In Lille haben britische Polizeiexperten vier englische Hooligans erkannt. Zwei wurden nach England abgeschoben, und zwei weitere sollten nach Ausnüchterung folgen. Im belgischen Ostende wurden 52 randalierende Briten festgenommen und weitere auf die Insel zurückgeschickt, nachdem sie Sachschaden angerichtet hatten. In Lens wurden doppelt so viele Polizisten konzentriert wie zum Spiel Deutschland–Jugoslawien am Sonntag, bei dem ein Polizist lebensgefährlich verletzt wurde.

Derweil hat Michael Schumacher seinen avancierten Lösungsvorschlag, wie mit dem Hooligan- Problem umgegangen werden sollte, gestern relativiert: „Ich habe wohl etwas überreagiert.“ Tags zuvor hatte der monegassische Rennfahrer vorgeschlagen, randalierende Fußballfans gegen Tollwut zu behandeln („Bei einem Tier geht man hin und schläfert es ein, vielleicht sollte man das gleiche da auch tun“) und hatte dafür aus Sport und Politik Kritik geerntet. So stellte Hans-Ludwig Grüschow, Sprecher der Deutschen Sporthilfe, fest: „Es gibt Menschen, die erst reden und dann denken.“