: Kämpfe im Kosovo gehen weiter
■ Österreichs Außenminister kritisiert EU-Flugverbot gegen Jugoslawien. Amnesty international fordert Bund und Länder zu sofortigen Abschiebstopp für Kosovo-Albaner auf
Belacevac/Bonn (AP/rtr/AFP) Die serbischen Streitkräfte haben im Kosovo ihren Belagerungsgürtel um den strategisch wichtigen Ort Belacevac weiter zugezogen. Gestern feuerten die Einheiten mit Mörsergranaten auf Stellungen der Kosovo-Befreiungsarmee (UCK), die die rund zehn Kilometer westlich der Provinzhauptstadt Priština gelegene Ortschaft und ein Kohlebergwerk in der vergangenen Woche erobert hatte. Die serbischen Einheiten befanden sich rund 200 Meter von Belacevac entfernt. Vor den Gefechten sind bislang mehr als 8.000 Menschen aus der Region geflüchtet.
Die serbischen Sicherheitskräfte hatten die Offensive auf das Kohlebergwerk am Montag begonnen. Auf beiden Seiten soll es Tote und Verletzte gegeben haben. UCK-Berichten zufolge brachten die serbischen Soldaten mehrere Panzer in der Nähe von Belacevac in Stellung und feuerten auf Ziele der Kosovo-Albaner. Über Belacevac stiegen Rauchschwaden auf, in Sekundenintervallen waren Explosionen zu hören. Auch in der Region um Kijevo hielten die Spannungen an. In der Ortschaft befinden sich rund 200 serbische Bewohner und 20 Mitglieder einer Polizeieinheit, die von ihren Streitkräften abgeschnitten sind und von Kämpfern der UCK belagert werden.
Die New Yorker Organisation Human Rights Watch beschuldigte unterdessen beide Seiten der Kriegsverbrechen. Es gebe Beweise, daß serbische Einheiten eine unbekannte Zahl albanischer Zivilpersonen zwischen Februar und Mai ermordet hätten. Zudem gebe es Augenzeugenberichte, wonach in Ljubenic drei Frauen vergewaltigt worden sein sollen. Den Berichten zufolge wurden dort außerdem Flüchtlinge aus einem Hubschrauber mit der Aufschrift des Roten Kreuzes beschossen. Die UCK sei ebenso rücksichtslos gegen serbische Zivilisten vorgegangen, hieß es in einer Erklärung.
Unterdessen ging die Diskussion um eine Lösung der Krise weiter. Das US-Außenministerium wies Kritik an einem Treffen ihres Vertreters Richard Gelbard mit Angehörigen der UCK zurück. Gespräche mit den Aufständischen bedeuteten nicht, daß der als gemäßigt bekannte Wortführer der Kosovo-Albaner, Ibrahim Rugova, nun fallengelassen würde, sagte ein Sprecher des Ministeriums. Im Deutschlandfunk übte Österreichs Außenminister Schüssel, dessen Land ab 1. Juli die EU- Ratspräsidentschaft übernimmt, Kritik an dem von den EU-Außenministern verhängten Flugverbot für jugoslawische Zivilmaschinen in die EU-Mitgliedsstaaten. Die Maßnahme sei „ziemlich lächerlich“, denn es werde voraussichtlich Monate dauern, bis sie realisiert werden könne.
Amnesty international (ai) forderte die Bundesregierung und die Bundesländer gestern auf, umgehend die Abschiebung von Kosovo-Albanern nach Jugoslawien auszusetzen. „Für die albanische Bevölkerung gibt es in der gesamten Republik Jugoslawien keine Gebiete mehr, die als sicher bezeichnet werden können“, erklärte der Flüchtlingsexperte der Menschenrechtsorganisation, Wolfgang Grenz, gestern in Bonn. Er verurteilte, daß Bayern und Nordrhein-Westfalen jüngst noch Abschiebungen zugelassen hatten. Derzeit seien mindestens 150.000 Albaner in Westeuropa von Abschiebung bedroht.
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