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„Die Werte für 2000 haben wir heute schon“

■ Umweltverbände und Automobilindustrie werfen dem Mineralölwirtschaftsverband eine Blockadehaltung vor. Interview mit Jürgen Resch vom Deutschen Naturschutzring

taz: Mit den neuen Autoabgasregeln wird sich die Luftqualität ab dem Jahr 2005 in einem Maße verbessern, als seien sechs Millionen Fahrzeuge stillgelegt worden. Freuen Sie sich jetzt?

Jürgen Resch: Der jetzige Kompromiß ist bestenfalls ein Sieg gegenüber der Europäischen Kommission, die noch erheblich schlechtere Werte vorgeschlagen hatte. Tatsächlich bin ich maßlos enttäuscht. Denn die jetzt erst für 2005 geplante Reduktion der Schwefelwerte wäre schon viel früher möglich – die Werte für 2000 erreichen wir mehr oder weniger heute schon.

Wer hat denn da blockiert?

Das war eindeutig der Mineralölwirtschaftsverband, der ursprünglich noch viel weniger Zugeständnisse machen wollte. Bei den Diskussionen im Vorfeld gab es eine seltene Einigkeit von Umweltverbänden und -politikern sowie dem ADAC und der Autoindustrie, daß der Abgasausstoß so bald wie möglich und so stark wie möglich verringert werden sollte. Der MWV hat sich gegen alle gestellt und behauptet, daß die Raffinerien ihre Entschwefelungs- und sonstigen Filteranlagen nicht so schnell umrüsten könnten.

Und das stimmt nicht?

Lassen Sie es mich so sagen: Ich hatte den Eindruck, daß einzelne Unternehmen – ich nenne jetzt mal Shell oder DEA – erheblich weniger Schwierigkeiten mit den Forderungen hatten und sehr viel weiter gehende Möglichkeiten gesehen haben als die nun erreichten Werte. Es gibt ja auch längst bundesdeutsche Raffinerien, die schwefelarmen Kraftstoff ins Ausland liefern, aber im Inland nicht einmal anbieten.

Ihre Kritik richtet sich also nicht gegen die Unternehmen, sondern gegen den Verband?

...der eine Geschlossenheit behauptet hat, die nie da war, ja.

Was sind Ihrer Meinung nach die Gründe dafür? Die Kosten?

Sicherlich wird der Mineralölwirtschaftsverband mit dem Umstellungskosten in den Raffinerien argumentieren, obwohl es keine Erhebung gibt, wie teuer das überhaupt kommen wird. Auch die europäische Mineralölindustrie hat anfangs mit einer Prognose des Unternehmensberatung Arthur D. Little schockiert, daß mindestens 40 bis 60 Milliarden Mark an Investitionsbedarf auf sie zukommen würden. Das hat sich ziemlich schnell als unhaltbar herausgestellt. Heute heißt es in Deutschland, die Kosten gingen „irgendwo in die Milliardenbeträge“.

Wieviel teurer würde denn der Kraftstoff?

Nicht mehr als ein bis zwei Pfennig, würde ich sagen.

Die Hauptkosten beträfen also den Umbau der Raffinerien – und die müßten die Mineralölkonzerne die selber tragen.

Wer sonst? Aber die Branche macht seit Jahren sehr gute Gewinne. Nicht zuletzt, weil sie den derzeitigen Preisverfall für Rohöl so gut wie nicht an den Kunden weitergibt. Und als Investition in Innovation ist das Geld sicher nicht schlecht angelegt. Die Unternehmen haben schließlich auch etwas davon, wenn sie ihre Raffinerien auf den neuesten Stand bringen: Im Energiebereich können sie mit modernerer Technik wiederum eine Menge Kosten sparen und mit der Umrüstung eine Reihe Arbeitsplätze im Maschinenbau sichern. Und nicht zuletzt könnten sie auch noch die Automobilindustrie unterstützen.

Inwiefern?

Die Automobilindustrie kann kein Interesse daran haben, jetzt schon Motoren mit sensiblen Systemen, die den Schadstoffgehalt ständig kontrollieren, auf den Markt zu bringen, wenn der Kraftstoff weiterhin so hoch belastet ist. Entweder wartet sie also damit, bis die Mineralölindustrie den schadstoffarmen auf den Markt bringt, oder sie muß übergangsweise eine Technik entwickeln, die auch mit dem alten Kraftstoff klarkommt.

Der Kompromiß des EU-Vermittlungsausschusses steht. Was kann man jetzt noch tun?

An die Mineralölwirtschaft appellieren, daß sie freiwillig alles daran setzt, die Werte für 2005 schon früher zu erfüllen. Beim Katalysator, wo es auch diesen langen Einführungs- und Übergangszeitraum gab, haben sich ja auch einzelne Unternehmen – allerdings in der Automobilindustrie – als besonders innovativ erwiesen und gezeigt, daß man keine vier Jahre braucht, um das Bodenblech des Fahrzeugs an den Katalysator anzupassen. Auf ähnliche Effekte kann man hier vielleicht auch hoffen. Interview: Beate Willms

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