piwik no script img

Pleiten, Pech und Pannen

■ Am Ende einer glanzlosen Amtszeit regt sich Widerstand gegen Pläne, Polizeipräsident Hagen Saberschinsky weitere fünf Jahre auf seinem Posten zu lassen. Für Schönbohm ist er bequem

Kritik ist Polizeipräsident Hagen Saberschinsky gewöhnt. Doch einen handfesten Anlaß für einen Rücktritt gab es nie. Der Rücktritt, den diese Woche der innenpolitische Sprecher der SPD, Hans-Georg Lorenz, forderte und dann zurücknahm, verlieh einer latenten Unzufriedenheit mit dem Polizeichef Ausdruck. „Pleiten, Pech und Pannen“, fassen kritische Polizeikreise dessen fünfjährige Amtszeit zusammen. Doch angesichts einer glanzlosen Amtszeit stößt eine Verlängerung von Saberschinksys Amtszeit auf Widerspruch.

Geplant war, daß Saberschinsky Ende 1999 in den Ruhestand geht, doch nun soll im Zuge einer Polizeireform der Polizeipräsident nicht mehr Vollzugsbeamter, sondern politischer Beamter sein. Die Folge: Damit würde das Pensionsalter auf 65 Jahre angehoben. „Es war nicht mein Wunsch, mit 60 Jahren in den Ruhestand zu gehen, sondern die derzeitige Gesetzeslage schreibt dies vor“, meldete sich gestern Polizeipräsident Hagen Saberschinsky zu Wort. Er habe aber seine Bereitschaft erklärt, weiterzumachen, wenn der Gesetzentwurf der Innenverwaltung verabschiedet werde. Ob es dazu kommt, ist noch ungewiß.

Denn viele sind mit Saberschinsky unzufrieden. Der 59jährige, den Innensenator Dieter Heckelmann 1992 als Polizeipräsident nach Berlin holte, hat in der Polizeibehörde einen schweren Stand. Vor allem bei der mittleren Führungsebene genießt er wenig Ansehen. Saberschinsky gilt als führungsschwach, blaß und ungelenk in der Außendarstellung.

Oft genug stiehlt der mediengewandte Innensenator Jörg Schönbohm (CDU) dem Polizeipräsidenten die Schau. Wer gab die Fernsehinterviews zu den umstrittenen Polizeieinsätzen am 1. Mai? Der diskussionsfreudige Innensenator. „Wir fragen uns, wo ist der Polizeipräsident. Der müßte Rede und Antwort stehen“, stellt der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rolf Taßler, fest.

Der innenpolitische Sprecher der Grünen, Wolfgang Wieland, bemängelt Saberschinskys Unfähigkeit, auch einmal Selbstkritik am Agieren der Polizei zu üben. Doch Saberschinsky fühlt sich schnell angegriffen, seine Grundhaltung ist die Defensive. Dies läßt wenig Raum für Selbstkritik.

Anders als seine Vorgänger Klaus Hübner und Georg Schertz, die sich mit den Innensenatoren Kewenig und Heckelmann überwarfen, ist das Verhältnis zwischen Schönbohm und Saberschinsky entspannt. „Zwischen mich und Schönbohm paßt kein Blatt Papier“, sagt Saberschinsky. Die Zusammenarbeit zwischen Polizeipräsident und Schönbohm sei „von großer beidseitiger Offenheit“ geprägt, so Saberschinsky. „Das Verhältnis ist in Ordnung.“ Man spreche häufig miteinander, „konstruktiv, aber kritisch.“

Öffentlich hat Saberschinsky nur ein einziges Mal deutlich Gegenposition zu Schönbohm bezogen. Als im vergangenen Jahr der frühere Polizeichef von New York, William Bratton, in Berlin seine Null-Toleranz-Strategie vorstellte, sagte Saberschinsky klipp und klar, daß dieses Modell nicht auf Berlin übertragbar sei. Schönbohm hatte sich zuvor positiv über das harte Durchgreifen der New Yorker Cops geäußert. „Zwei Wochen lang habe ich für diese Äußerungen öffentlich Prügel bezogen“, sagt Saberschinsky rückblickend. Dann habe sich seine Position durchgesetzt. „Ich habe mich damals, im vollen Wissen darum, daß ich mich ins politische Sperrfeuer begebe, geäußert“, so Saberschinsky.

Doch das blieb eine Ausnahme. Für Schönbohm ist Saberschinsky ein bequemer Polizeipräsident. Und wenn er Fehler von Saberschinsky zugeben würde, geriete der Innensenator selbst in die Schußlinie. Dorothee Winden

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen