: Eins gegen die Loddarsehne
„Die Matthäus-Passion“: Eckhard Becker hat ein Stück über Lothar Matthäus geschrieben. Heute ist die Uraufführung im Münchner Volkstheater. Vielleicht reist Matthäus an. Mit Klinsmann. Und unterhält sich mit ihm im Flugzeug. Eine Vermutung ■ von Jürgen Berger
Im Flieger von Nizza nach München hat der Klinsi den Loddar dann gefragt, ob das stimmt, daß er seit neuestem was mit der Verona hat. Der Matthäus hat dann gesagt, daß er das nicht ihn fragen darf, weil, so was entscheidet der Berti. Als der Klinsmann dann gesagt hat, daß die Verona 'ne steile Torte ist und er sich gern mal mit ihr zeigen würde, öffentlich, damit der Harald Schmidt das mit der Schwabenschwuchtel nicht mehr sagt, ist der Loddar durchgeknallt, im Flieger kurz vor Mailand, und hat es dem Klinsi gegeben, wie dem Andy – also dem Herzog – damals im DFB-Pokal. Da war's wieder wie früher.
Nur: Der Klinsi ist nicht weggekippt, sondern hat ihm einen Tritt gegen seine Loddarsehne mit Achilleszyste gegeben. Und dann sind sie im Flieger über Mailand übereinander gelegen, und die Stewardeß hat gesagt, daß das bei der Lufthansa eigentlich nicht so geht und wer denn verantwortlich ist. Da hat der Loddar gesagt, das entscheidet der Berti. Und dann hat er dem Klinsi wie vor zwei Jahren die Hand gegeben und es gesagt, wie ein Mann es sagt: „Vorbei, vergessen, Schwamm drüber.“
Ein Tag frei für einen Besuch im Volkstheater
War ein super Zug von Berti, ihnen einen Tag frei zu geben, damit sie das Theater über Loddar im Münchner Volkstheater sehen können. Und das nach der harten Woche. Montag Mexiko. Den Gegner müde gespielt, gekämpft, gefighted, gequält – also sich –, alles weg- und nie aufgesteckt und über deutsche Tugenden wieder ins Spiel gefunden und nach dem Auslaufen lang gegrübelt, was der Kerner im ZDF gemeint hat mit „der Babbel hat das Loch von Kohler hervorragend ausgefüllt“.
Da sind sie gerade über dem spitzen Zuckerhütl geflogen, und der Klinsi hat gesagt, daß er das damals mit der Frankentunte nicht so gemeint hat, wie es in der Bild gestanden ist. Und dann hat er zum Loddar gesagt, er soll doch jetzt einfach die Verona in den Mercedes packen und nach Crans Montana fahren und dort die Lolita rausschmeißen. Das mit der Verona und der Lolita entscheidet der Berti, hat der Loddar da gesagt.
Und er hat an das Theaterstück über sich gedacht, wo sie alle vorkommen: Der Franz, der Trap, der Mehmet und eben alle, nur der Berti nicht, was ihn gewundert hat, weil, der Berti wär doch auch super auf der Bühne, so, wie er am Mittwoch wieder beleidigt gewesen ist, als der Schröder – also der Gerhard – plötzlich im Quartier war. Hat was von Kultur der Durchlässigkeit gesagt, der Schröder, und wahrscheinlich das Endspiel gemeint. Daß die Deutschen die Brasilianer mal tanzen lassen, aber dann durchlässig zurücktanzen, vielleicht.
Dich, Klinsi, hat der Loddar da aus seinen Gedanken heraus gesagt, dich würd' ich nicht mehr nur ins Mittelfeld, sondern ganz nach hinten durchreichen, ins Tor. Wär' doch super. Und den Köpke ganz nach vorne in den Sturm, damit hinten nichts mehr und vorne auf gar keinen Fall was passiert. Da sind die gerade über die Zugspitze drüber, und der Loddar hat gesagt, daß das natürlich alles der Berti entscheidet, daß er aber immer mehr mit entscheiden darf. Also alle Kreativspieler raus – den Hirni Thon sowieso – und auf Ollis Kopf und Golden Goal gespielt. Da hat der Klinsi gesagt, daß er das gestern gegen Kroatien super gefunden hat, wie er – also der Loddar – den Suker in der fünften Minute einfach mal vorsorglich weggegrätscht hat. Und dann hat der Loddar grad noch sagen können, daß er jetzt, wo sie hier im Flieger so super zusammensitzen, eigentlich gar nicht mehr weiß, warum sie immer nur Fraktur gegeneinander geholzt und nie Fraktur miteinander geredet haben und daß er sich das mit Klinsi im Tor noch mal überlegt. Weil der Olli ihm irgendwie doch viel zu konkret im Sechzehner steht und er schon immer viel lieber ihm – also dem Klinsi – von hinten zugesehen hat, wie er sich rehgleich den Arsch aufreißt, um immer dort zu sein, wo der Ball gerade nicht ist, bis auf das eine Mal, wo er wirklich dort geflogen ist, wo der Ball gerade zurückflog.
Vorsorglich weggegrätscht
Aber da war der Flieger schon gelandet. Franz-Josef-Strauß-Flughafen. 18 Uhr. Das war also der Grund, hat der Loddar gesagt, daß ich dich mitgenommen hab' zu meiner Uraufführung, wo doch der Olli eigentlich auch mitgewollt hat. Da hat der Klinsi dann auch gesagt „Schwamm drüber“, und endlich hat auch mal dem Loddar sein Handy geklingelt. Dran war der Hanns Christian Müller. Ob sie jetzt wirklich kommen? 'N super Typ wie der Berti, hat der Loddar gesagt. Ist Intendant geworden in unserem Münchner Volkstheater und macht das super. Da sind sie gerade im Taxi zum Stiglmaierplatz gefahren, und der Klinsi hat gefragt, ob der Loddar sicher weiß, ob nicht der Müller was mit der Verona hat? Und der Loddar hat nein gesagt und daß der Müller dafür aber zwei Grimme-Preise, einen Bundesfilmpreis, zwei goldene Gongs, sieben goldene Schallplatten und jetzt auch ein eigenes Theater hat, in dem er bis zum September drei ganz neue Stücke macht: Seine – also dem Loddar seine – Passion, dann „Der Steuerfahnder“, der kam, sah und prüfte, und den „Altweibersommer“ von dem Ilja, dem Richter.
Jetzt würd er halt schon gern noch wissen, ob die Verona heut' abend auch da ist, hat der Klinsi noch gefragt, und der Loddar hat gesagt, daß das mit der Verona – also mit der Feldbusch – doch nur eine Rolle in dem Stück von dem Eckhard Becker ist und daß er in wahr nie was mit der Verona haben könnt', weil er die Lolita doch immer noch lieb hat.
Da ist das Taxi in die Brienner Straße eingebogen, und dem Loddar und dem Klinsi ist es ganz schummerig geworden. Jetzt tatsächlich da rein ins Theater und dann über deutsche Tugenden wieder zurückfinden und am Mittwoch gegen Frankreich: 120 zähe Minuten, obwohl der Loddar den Zidane vorsorglich weggegrätscht hat, und dann auch noch die Elfmeter? Zuviel für einen Profi wie sie beide! Aber der Berti hat ja entschieden.
Eckhard Becker: „Matthäus-Passion“. Regie: Hanns Christian Müller. Mit Maria Peschek, Helmut Dauner u.a. Volkstheater München. Aufführungen: 3.–12.7.
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