: „Gürtel und Eisenspaten als Folterinstrumente“
■ Der chinesische Dissident Bao Ge berichtet über Adidas-Fußballproduktion im Arbeitslager
Ich wurde von der Shanghaier Erziehung-durch-Arbeit-Kommission unter dem Vorwurf, soziale Unruhe zu erzeugen, zu drei Jahren Arbeitserziehung durch Arbeit vom 4.Juni 1994 bis zum 4.Juni 1997 verurteilt. Ich wurde im Gefängnis Nr.10 in Shanghais Arbeitserziehungslager Nr.1 inhaftiert. Ich habe alle Arten von Leid durchgemacht, die ich nie in meinem Leben vergessen werde und von denen ein Teil durch die Produktion von Adidas-Fußbällen verursacht wurde.
Im Dezember 1995 begann der Fußballhersteller im Kreis Sheyang in der Provinz Jiangsu damit, Fußballeder mit den Aufdrucken Adidas, Brine, Erima, Tango, Molten, Pelada und anderen ausländischen Marken in das Shanghaier Arbeitserziehungslager Nr.1 zu bringen. Die Gefangenen wurden instruiert, sie zu Bällen zusammenzunähen. Manche davon wurden mit den Aufdrucken France 98 Fifa World Cup, Official Championship Ball versehen. Einige Arbeiter sagten, daß diese Bälle nach dem Nähen nach Shanghai gebracht würden, und die Shanghai Ball Manufacturing Inc. würde sie fertigstellen.
Die Wächter im Arbeitslager zwangen die Gefangenen, jeden Tag mindestens 15 Stunden zu arbeiten. Es gab am Wochenende keine Pause. Wenn die Arbeiter tagsüber ihre Quote nicht erfüllt hatten, wurden sie gezwungen, die ganze Nacht aufzubleiben. Gürtel, Holzstöcke und Eisenspaten wurden als Folterinstrumente genutzt.
Das Arbeitslager bezahlte die Gefangenen nie. Zu essen gab es nur Reis und eine Suppe aus Gemüseresten. Diese wurde angerichtet, indem die Gemüseabfälle aus der Wärterküche mit Wasser aufgegossen wurden.
Shanghai Ball Manufacturing und das Shanghai Arbeitserziehungslager Nr.1 waren für mein Leiden in der Haft verantwortlich. Zugleich hat Adidas seine Partner fahrlässig ausgesucht oder sich nur darum gekümmert, Geld zu verdienen ohne Rücksicht auf Moral und Menschenrechte. In jedem Fall ist Adidas verantwortlich. Ich und andere Gefangene, die von Adidas ausgebeutet wurden, haben das Recht, von Adidas Entschädigung zu fordern.
Teil einer Erklärung, die am 20. Mai verfaßt wurde und nun einem US-Gericht vorgelegt werden soll.
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