: VW entschädigt Zwangsarbeiter
■ Überraschende Kurskorrektur des Wolfsburger Autokonzerns. 15.000 Zwangsarbeiter, die 1944/45 bei Volkswagen arbeiteten, sollen nun doch über einen Privatfonds entschädigt werden
Wolfsburg (dpa) – Volkswagen will nun doch ehemalige Zwangsarbeiter entschädigen. Wie VW gestern mitteilte, will der Automobilkonzern einen „privaten Hilfsfonds“ gründen. Der VW-Vorstand habe entschieden, „grundsätzlich humanitäre Hilfe an die individuellen Opfer zu leisten, die während der Jahre 1944/45 zwangsweise in Wolfsburg gearbeitet haben“.
Noch vor wenigen Wochen hatte der Konzern seine jahrelange Haltung gegen eine direkte Entschädigung durch VW bekräftigt, weil diese nach der bisherigen Rechtslage nicht möglich sei. Unter anderem ist die heutige Volkswagen AG nicht Rechtsnachfolgerin der damaligen Volkswagenwerk GmbH.
Volkswagen wähle deshalb jetzt den Weg eines privaten Fonds, an dessen Spitze eine noch nicht benannte unabhängige Persönlichkeit stehen soll. VW reagiert damit auf die jüngste öffentliche Debatte um die Entschädigung von Zwangsarbeitern. Sie war ausgelöst worden, weil 30 ehemalige jüdische VW-Zwangsarbeiter derzeit eine Klage gegen VW vorbereiten. Sie hatten während des Nationalsozialismus 1944 und 1945 zwangsweise in Wolfsburg gearbeitet und wollen nach Angaben eines Bevollmächtigten für bisher nicht ausgezahlte Löhne eine Entschädigung haben. Sie beläuft sich pro Arbeiter auf 4.000 Mark für jeden Monat. Insgesamt arbeiteten bei VW etwa 15.000 Zwangsarbeiter, darunter auch KZ-Häftlinge, die der Konzern selbst in Auschwitz ausgewählt hatte. Mit der Gründung eines privaten Hilfsfonds verläßt VW die bisher formaljuristische Argumentation. Der VW-Vorstand hat unter Führung von Ferdinand Piäch jetzt den seit 1988 geltenden Beschluß aufgehoben, der besagte, daß Ansprüche von Zwangsarbeitern an die Bundesrepublik Deutschland als Rechtsnachfolger des NS-Regimes gestellt werden müßten.
VW hatte allerdings dem Vorschlag des SPD-Kanzlerkandidaten und VW-Aufsichtsratsmitglieds Gerhard Schröder für einen Bundesfonds zur Entschädigung von Zwangsarbeitern Zustimmung signalisiert. Unabhängig von Entschädigungen hat VW seit 1988 bisher 25 Millionen Mark für karitative Einrichtungen in den Heimatländern der ehemaligen Zwangsarbeiter sowie für wissenschaftliche Forschungen und Öffentlichkeitsarbeit zum Thema Zwangsarbeit ausgegeben.
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