High-Tech-Gewerbe verdrängt „Gute Ernte“

■ Technologie-Park an der Uni wird vorerst nicht ins Hollerland erweitert / 170 Kleingärten müssen weichen

Der Technologie-Park an der Bremer Universität wird erweitert. Weil aber die Planer vor dem konfliktträchtigen Sprung über die Autobahn ins Naturschutzgebiet Hollerland noch zurückschrecken, müssen Kleingärten südlich von Bremens prestigeträchtigstem Gewerbegebiet weichen. Die Baudeputation soll in ihrer nächsten Sitzung grünes Licht für eine Änderung des Planungsrechts auf dem Dreieck zwischen Achternstraße, Eisenbahnstrecke und Lindenweg geben. Im Jahr 2000 sollen nach den Vorstellungen der Baubehörde die Bagger anrollen.

Von den 15 Hektar müssen 173 Kleingartenparzellen und eine Wiese verschwinden, die als Ersatzfläche für neue Gärten vorgesehen war. Denn nach offiziellen Angaben ist im eigentlichen Technologiepark schon ab dem Jahr 2000 kein Platz mehr für neue Firmen oder Erweiterungen. 210 Unternehmen mit 3.350 Arbeitsplätzen hätten sich bisher in diesem Gebiet angesiedelt. Die Wirtschaftsbehörde geht von einem zusätzlichen Flächenbedarf von 3,5 Hektar jährlich aus, wenn die neue Fläche wie der übrige Technologiepark mit bis zu viergeschossigen Gebäuden bebaut wird. Die 15 Hektar südlich der Uni wären demnach in vier bis fünf Jahren vergeben.

Diesen Argumenten können sich auch die betroffenen Kleingärtner vom Verein „Gute Ernte“ nicht verschließen, der Generalpächter der Parzellenfläche ist. „Es ist ein Senatsbeschluß, dem müssen wir uns beugen“, sagt die Vorsitzende Elisabeth Oldenburg. Sie verhandelt derzeit mit der Stadt über Ersatzflächen und Entschädigungen für den Wert ihrer Lauben und Pflanzen. „Aber die Stimmung ist natürlich mies“, sagt die Kleingärtnerin. Seit mehr als 60 Jahren sind hier südlich des idyllischen Ufers der Kleinen Wümme Kleingärten, inzwischen sind die Bäume hochgewachsen, das Gebüsch ist dicht. Da fiele der Abschied schwer, besonders für die Älteren, die nicht ohne weiteres in einem neuen Parzellengebiet neu anfangen könnten. Außerdem wohnten seit den 50er Jahren sieben alte Leute fest in Kaisenhäusern. Auch der Gedanke an eine eventuell relativ großzügige Entschädigung läßt keine Freude aufkommen: „Was helfen mir ein paar Tausend Mark mehr, wenn ich eigentlich hierbleiben will“, klagt die Vorsitzende.

In der Baubehörde wird erwogen, die Parzellisten aus Lehe in die Osterholzer Feldmark zu versetzen, wo 400 Kleingärten geplant sind. „Aber die Leute wohnen doch alle hier in der Nähe. Was sollen die in Osterholz?“, fragt Frau Oldenburg. Der Landesverband der Gartenfreunde möchte eine schrittweise Umsiedlung in nähergelegene Kleingartenvereine organisieren.

Der Landesverband, die mächtige Lobby von Bremens fast 20.000 Kleingärtnern, die ihre Grundstücke für maximal 38 Pfennig pro Quadratmeter und Jahr gepachtet haben, feilscht auf andere Art als der Verein „Gute Ernte“ um Ausgleich. Denn der Verband ist für die bisherige Kleingarten-Ersatzfläche, die sogenannte Kaemena-Wiese, zuständig, auf die statt 80 Laubenpieper jetzt High-Tech-Gewerbe ziehen soll.

Der stellvertretende Landesvorsitzende Detlef Murken möchte von der Stadt für jedes dieser Ersatz-Grundstücke 10.000 Mark. Diesen Betrag habe man auch schon als Ausgleich für 40 noch nicht bezogene Parzellen am Flughafen erhalten, die zu Gewerbefläche umgewidmet worden waren. Mit dem Geld will der Verband auf dem Gelände des Versuchs- und Lehrgartens in Horn ein Schu-lungszentrum bauen. Murken bestreitet vehement, daß der Verband sich damit von der Stadt den Anspruch auf Flächen abkaufen lasse, die wirklich für neue Kleingärten gebraucht würden. Joachim Fahrun