Schuld hat immer die BVG

■ Adtranz: Weil die Verkehrsbetriebe zuwenig Aufträge erteilten, soll Werk in Pankow geschlossen werden. Wirtschaftssenator bezweifelt dies

Der Adtranz-Konzern begründet die geplante Schließung seines Werkes in Pankow unter anderem mit dem Ausbleiben von Aufträgen der BVG. Die Montagestätte mit rund 350 Arbeitsplätzen sei gebaut worden, weil die landeseigenen Verkehrsbetriebe Aufträge für 140 U-Bahn-Züge in Aussicht gestellt hätten, sagte gestern Adtranz-Sprecher Hans-Christian Maaß. Bisher allerdings habe die BVG entgegen früheren Absichten nur 30 Bahnen fest bestellt.

Am Dienstag hatte Adtranz, einer der weltweit größten Hersteller von Schienenfahrzeugen, die Schließung des hochmodernen Werks in Pankow-Wilhelmsruh angekündigt. Es war erst im April 1997 in Betrieb gegangen. Durch das Ausbleiben der BVG-Aufträge sei die Kapazität in Pankow nicht ausgelastet, sagte Maaß. BVG-Sprecher Klaus Watzlack erklärte dagegen, 46 U-Bahnen der neuen Baureihe „H“ seien verbindlich in Auftrag gegeben.

Zu der angeblichen früheren Option, insgesamt 140 Züge herstellen zu lassen, wollte Watzlack sich nicht äußern. Michael Wehran, Sprecher von CDU-Wirtschaftssenator Elmar Pieroth, bezweifelte, daß das Ausbleiben von BVG-Aufträgen ein wesentlicher Grund für den Exitus des Pankower Werks sei. Durch große öffentliche Aufträge für U-Bahnen und Straßenbahnen leiste Berlin weiterhin seinen Beitrag zur Auslastung der Produktion.

Die Fabrik in Pankow hatte der ABB-Konzern seit 1994 geplant und errichtet. Als ABB und Daimler-Benz 1996 ihre Bahnherstellung zum gemeinsamen Tochterunternehmen Adtranz zusammenlegten, brachte jedoch auch Daimler eine ähnliche Produktionsstätte in Hennigsdorf in den Verbund ein: Zwei Werke für die Herstellung von Schienenfahrzeugen standen damit in direkter Nachbarschaft. Adtranz baute in Pankow weiter, allerdings in einer kleineren Ausführung. Um die Produktion zu rationalisieren, will Adtranz die beiden Werke nun zu einem in Hennigsdorf konzentrieren. Dabei sollen rund 700 Jobs vernichtet werden.

Adtranz-Sprecher Maaß dementierte gestern einen Bericht der Berliner Zeitung, dem zufolge das Unternehmen 17 Millionen Mark Fördergelder zurückzahlen wolle. „Wir werden mit dem Senat Gespräche darüber führen“, sagte Maaß. Bleibt es bei dem Abwicklungsbeschluß, wird Senator Pieroth nach den Worten seines Sprechers darauf drängen, daß zumindest ein Teil der Förderung zurückfließt. Die 17 Millionen sind vertraglich unter anderem daran gebunden, daß Adtranz 300 Arbeitsplätze für fünf Jahre aufrechterhält.

Nach Informationen des bündnisgrünen Wirtschaftssprechers Vollrad Kuhn zahlte die öffentliche Hand insgesamt rund 40 Millionen Mark Subventionen an Adtranz in Pankow. Außer den 17 Millionen aus dem Topf der „Gemeinschaftsaufgabe Ost“ seien Gelder für die Sanierung des alten Industrieareals und den Umzug geflossen. Hannes Koch