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CDU bekam Kies von der Bauindustrie

Baden-Württembergs Ministerpräsident Teufel gerät in der Honoraraffäre selbst unter Druck: SPD will jetzt seinen Terminkalender sehen. Finanzminister Mayer-Vorfelder hält sich eisern im Amt  ■ Aus Stuttgart Heide Platen

„Scheißdreck“, hat er gesagt, der Fraktionsvorsitzende der CDU im baden-württembergischen Landtag. Gerade erst von einer USA-Reise in Stuttgart gelandet, hatte Günther Oettinger es satt, schon wieder nach seinen Nebeneinkünften gefragt zu werden.

Das leidige Thema beschäftigt die Öffentlichkeit im Ländle seit dem Frühjahr. Damals war Finanzminister Gerhard Mayer-Vorfelder (CDU) ins Gerede gekommen, weil er für ein Referat bei der Landesbank 5.000 Mark Honorar kassiert hatte, bei der er gleichzeitig qua seines Amtes als Verwaltungs- und Beiratsvorsitzender waltet. Seither verging kaum ein Tag, an dem die Nebeneinnahmen von Amts- und Mandatsträgern nicht Zündstoff für öffentliche Diskussionen waren. Seit Mittwoch ist auch Ministerpräsident Erwin Teufel unter Druck geraten.

Im Zuge immer neuer Enthüllungen wurde erstmals ein Fall bekannt, bei dem sich ein Zusammenhang zwischen Parteispenden und politischer Hilfe für die Industrielobby herstellen läßt. 60.000 Mark hatte die Steine-Erden-Industrie vor der Landtagswahl 1996 in die Parteikassen von CDU und FDP gezahlt. Im Koalitionsvertrag beider Parteien wurde dann die „Rohstoffsicherung“ festgeschrieben, die das Recht auf den Abbau von Kies, Sand, Steinen und Erde gegenüber dem Naturschutz besser stellt als zuvor. Verbandsfunktionäre lobten die Landespolitiker in höchsten Tönen.

Sowohl Teufel als auch Wirtschaftsminister Döring (FDP) waren in der Folge Gast beim Industrieverband Steine und Erden und bei einer Spenderfirma. Noch zwei Tage zuvor hatte der Ministerpräsident während einer Pressekonferenz treuherzig versichert, zwischen seinen öffentlichen Auftritten und Parteispenden habe es „nie eine Verquickung gegeben“. Allerdings bitte auch er „selbstverständlich“ in seiner Funktion als Landesvorsitzender der CDU brieflich um Geld.

Zuvor hatte Ministerpräsident Teufel wochenlang akribisch an seinem Ruf als penibler Moralist und Saubermann poliert. Er habe für Vorträge, teilte er mit, niemals Honorare oder Parteispenden angenommen. Sein Enfant terrible Mayer-Vorfelder hingegen pflegte den Dissens und erklärte kühn, er sehe es geradezu als seine Pflicht an, Geld für die Parteikasse zu requirieren. Flugs verlangten SPD und Grüne nicht nur den Rücktritt des Ministers, sondern die Offenlegung aller solcher ministerieller Einsatzfreude für die gesamte Amtszeit Teufels seit 1991. Der Ministerpräsident ging auf Distanz zu seinem Parteikollegen und forderte alle Kabinettsmitglieder ultimativ zur Offenlegung ihrer Nebeneinkünfte auf.

Neuen Drive bekam die Debatte, als bekannt wurde, daß der umtriebige Minister mit dem Spitznamen „MV“ für „Mayer-Vorderlader“ jährlich auch rund 30.000 Mark aus Beiratsposten in die private Kasse steckt. Dies sei, trotzte MV, Rechtens, weil Beiratsbezüge nicht unter die Offenlegungspflicht fielen.

Das Kabinett verdonnerte MV Anfang Juni dazu, auch diese Einkünfte, wie alle, die 12.000 Mark jährlich übersteigen, an die Landeskasse zu zahlen. Teufel verschob die eigentlich für das Ende dieser Sitzung terminierte Verleihung des Großen Verdienstkreuzes des Bundes mit Stern und Schulterband an MV. Die SPD spottete, eigentlich hätte der statt dessen das „Nebenverdienstkreuz“ bekommen müssen. Währenddessen grübelte der 65jährige MV öffentlich über die „Endlichkeit des Lebens“ und kündigte seinen Ausstieg aus der Politik zum Ende der Legislaturperiode im Jahr 2001 an. Politik sei „nicht alles“. Der langjährige Präsident des VfB Stuttgart und Vizepräsident des Deutschen Fußballbundes (DFB) ließ durchblicken, daß er im aktiven Ruhestand mit dem Amt des DFB-Präsidenten liebäugele. Diese ungewohnte Defensivstrategie hielten Kenner des Kämpfers MV für kühle Taktik. Ein Minister, der sein eigenes „Verfallsdatum“ ankündige, könne darauf hoffen, nicht vorzeitig entlassen zu werden. Daß diese Rechnung nicht so falsch gewesen sein kann, zeigte die äußerliche Einmütigkeit der großen Koalition Mitte Juni. Teufel stellte sich vor seinen Minister. Fraktionschef Oettinger hielt eine Eloge auf die Vertrauenswürdigkeit des Mannes, und FDP und Republikaner hielten mit ihrer Kritik zurück. Nur SPD und Grüne stimmten für den Entlassungsantrag.

Das neue Vertrauen manifestierte sich in der Tatsache, daß ausgerechnet der Amtschef des Hauses Mayer-Vorfelder die Antworten zur kleinen Anfrage der Opposition zu den Einnahmen aller Kabinettsmitglieder einfordert. Die SPD verlangt nun im Gegenzug, daß Ministerpräsident Teufel auch seinen eigenen Terminkalender offenlegt. Sie will wissen, bei welchen Unternehmen in- und außerhalb der Baubranche er als Regierungschef noch aufgetreten ist. Diese Daten müßten dann mit dem Eingang von Parteispenden an die Landes-CDU abgeglichen werden.

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