Ein bißchen Ehe, vielleicht

■ Der Bundesrat stimmt für eine "eingetragene Partnerschaft". Homosexuelle und Lesben sollen sich als Paare demnächst registrieren lassen können, wenn der neue Bundestag dies will

Bonn (taz) – Der Bundesrat will die Benachteiligung schwuler und lesbischer Paare aufheben. Gestern beschloß die Ländervertretung mehrheitlich, die künftige Bundesregierung aufzufordern, in einem eigenen Gesetz eine bundesweite Rechtsform namens „Eingetragene Partnerschaft“ zu schaffen. Die drei Nordländer Hamburg, Schleswig-Holstein und Niedersachsen hatten dem Bundesrat zwei Anträge vorgelegt, die sich allein durch die Begründung unterschieden.

Im Gegensatz zu dem schleswig- holsteinischen Antrag, der genau ausführte, welche rechtlichen Nachteile schwule und lesbische Paare erdulden müssen, beschränkte sich der Hamburger Antrag auf den Hinweis, daß das Europäische Parlament bereits 1994 in einer Entschließung seine Mitgliedsstaaten aufgefordert hat, gleichgeschlechtliche Paare Ehepaaren gleichzustellen. Inzwischen haben unter anderem auch Dänemark, Norwegen und Island diese Weisung in eigenes Recht umgesetzt. Dem Hamburger Antrag stimmten nicht nur die rot-grün regierten Bundesländer zu: Auch Berlin, zur Zeit von einer Großen Koalition regiert, war für die eingetragene Partnerschaft. Bremen enthielt sich der Stimme; die unionsregierten Bundesländer stimmten dagegen. Die Initiative des Bundesrates kann wahrscheinlich frühestens nach der Bundestagswahl von der nächsten Bundesregierung umgesetzt werden.

Zwar kommt das Parlament vor der Bundestagswahl am 27. September noch einmal zusammen, doch ist diese Zeit allein für haushaltspolitische Debatten reserviert. Manfred Bruns, Sprecher des Schwulenverbandes, sagte: „Wir werden die Parteien im Wahlkampf daran messen, wie sie zum heutigen Beschluß des Bundesrates stehen.“ Das Jawort des Bundesrates sei ein großer Erfolg der Schwulen- und Lesbenbewegung. Ziel sei weiter die umfassende Gleichberechtigung – ohne Wenn und Aber.

Die eingetragene Partnerschaft soll nach dem Vorschlag des Bundesrates auf dem Standesamt geschlossen werden. Sie bedeutet keine völlige Gleichsetzung mit der Ehe, garantiert aber vergleichbare Rechte und Pflichten. Die Initiatoren im Hamburger Senatsamt für Gleichstellung schätzen, daß im deutschen Recht 700 Paragraphen angepaßt werden müßten. Die wichtigste Änderung: Schwule oder lesbische Lebenspartner gelten dann als Angehörige. Das heißt, sie können bei Gerichtsprozessen gegen den Partner oder die Partnerin die Aussage verweigern, sie erhalten von Polizei und Krankenhaus Auskünfte, können als Alleinerbe eingesetzt werden und nach dem Tod ihres Partners weiter in der gemeinsamen Wohnung leben.

Heterosexuelle Paare können diese Rechte oft schon in Anspruch nehmen, wenn sie glaubhaft machen, daß sie verlobt sind. Dagegen genießen gleichgeschlechtliche Paare nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes beispielsweise noch keinen Kündigungsschutz beim Tod eines Partners, weil ihre Lebensgemeinschaften keine eheähnlichen Gemeinschaften seien. Neben dieser Benachteiligung sollen mit dem Gesetz noch Nachteile im Adoptions- und Sorgerecht, im Aufenthaltsrecht für schwule und lesbische ausländische Lebenspartner und im Steuerrecht beseitigt werden.

Der rechtspolitische Sprecher der Bündnisgrünen, Volker Beck, sagte gestern: „Der Bundesrat hat ein wichtiges Signal für den Wechsel in der deutschen Homosexuellenpolitik gesetzt.“ Mit Rot-Grün werde es nach der Wahl den Durchbruch geben, die Bündnisgrünen würden die Gleichberechtigung schwuler und lesbischer Paare durchsetzen. Cornelia Fuchs