: Heftiger Expertenstreit um Gefahren der atomaren Strahlen
■ Strahlenforscher wirft Bundesamt für Strahlenschutz „Verharmlosung“ vor. Merkel nennt Kritik „unseriös“
Hannover/Bonn (taz/AFP/AP) – Atomexperten halten im Gegensatz zu Bundesumweltministerin Angela Merkel (CDU) radioaktive Strahlung für weit gefährlicher, als in der geltenden Schutzvorschrift berücksichtigt ist. Sie forderten gestern erneut, die Grenzwerte für die zulässige Strahlenbelastung zu senken. Die Richtlinien seien veraltet und berücksichtigten nicht die Erkenntnisse aus der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl 1986. Der Umweltminister von Niedersachsen, Wolfgang Jüttner (SPD), verwies darauf, daß das EU-Gremium Euratom schon 1996 niedrigere Grenzwerte vorgegeben habe. Merkel wies die Kritik als „nicht seriös“ zurück, kündigte aber gleichwohl an, die Grenzwerte 1999 zu senken.
Der Präsident der Bremer Gesellschaft für Strahlenschutz, Wolfgang Köhnlein, warf den zuständigen Behörden „Verharmlosung“ und „systematisches Herunterspielen“ der Gesundheitsfolgen vor. Der Vorsitzende der Strahlenschutzkommission, Reiners, bezeichnete die Kritik als „Harakiri-Aktion“. Unterstützt wurde er vom Sprecher des Bundesamtes für Strahlenschutz, Arthur Junkert, der erklärte, Köhnlein und Co. stünden „mehrere hundert internationale Wissenschaftler gegenüber“. Auch die Bundesländer waren sich uneinig. Während Niedersachsen einen Antrag im Bundesrat ankündigte, die Euratom-Norm endlich in bundesdeutsches Recht umzusetzen, sah Mecklenburg-Vorpommern „keinen Handlungsbedarf“. Bayern und Bremen meinten, der Gesetzgeber sei erst gefragt, wenn die wissenschaftlichen Ergebnisse vorlägen. ü.o. Bericht Seite 5
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen