: Stahmer will keine Lehrerin mit Kopftuch
■ Für Schulsenatorin Ingrid Stahmer (SPD) verstößt das Tragen eines Kopftuchs gegen die weltanschauliche Neutralität, die im Schuldienst vorgeschrieben ist. Türkische Vereine fordern Einzelfall-Prüfu
Die muslimische Lehrerin Fereshta Ludin aus Baden-Würtemberg, die im Unterricht ein Kopftuch tragen will, würde auch in Berlin nicht im öffentlichen Schuldienst eingestellt. Schulsenatorin Ingrid Stahmer (SPD) würde genauso entscheiden, wie es ihre süddeutsche Kollegin getan hat, sagte gestern ihre Sprecherin Rita Hermanns auf Anfrage der taz. Der amtierende Leiter des für Einstellungen zuständigen Landesschulamtes, Wolfgang Schimmang, teilt diese Einschätzung.
„Die Rechtslage ist klar“, begründete Hermanns den Standpunkt der Schulverwaltung. „Lehrer im staatlichen Dienst müssen politisch und weltanschaulich neutral sein.“ Das Tragen eines Kopftuches verstößt ihrer Ansicht nach gegen die vorgeschriebene Neutralität. „Es könnte Schüler beeinflussen, wenn eine Lehrerin mit dem Kopftuch ihrer Religion Ausdruck gibt“, so Hermanns. Genauso hatte die Kultusministerin in Baden-Würtemberg argumentiert, die der 25jährigen Referendarin Ludin die Übernahme in den Schuldienst verweigert hatte.
In Berlin ist diese Diskussion allerdings noch eine rein theoretische. Ein „Kopftuchfall“ sei, so Hermanns, hier noch nicht bekannt. Sie glaubt, daß dies an der „guten Zusammenarbeit mit türkischstämmigen Lehrern und Vereinen“ liegt: „Deshalb halten sich hier alle an die Spielregeln.“ Sie könne jedoch nicht ausschließen, „daß schon einmal eine Lehrerin mit einem Kopftuch in der Schule aufgetaucht ist“. Vielleicht habe sich einfach niemand darüber aufgeregt. Die Sprecherin der Schulverwaltung verglich das Kopftuch mit der Kleidung der Baghwan- Anhänger und Buttons der Antiatombewegung. Hermanns: „Ihr Tragen ist im Schuldienst vor Jahren untersagt worden.“
Der Türkische Bund in Berlin- Brandenburg (TBB) und der Kurdische Elternverein reagierten gestern mit Unverständnis auf die Aussagen der Schulsenatorin. „Es muß im Einzelfall geprüft werden, ob sich unter einem Kopftuch Sendungsbewußtsein verbirgt“, sagte TBB-Sprecher Safter Cinar. Es sei „problematisch“, diese Frage grundsätzlich negativ zu entscheiden. Cinar: „Damit verengt man die Kopftuchdebatte auf die Fundamentalistenschiene, und das ist integrationspolitisch fatal.“ Auch Radan Osman vom Kurdischen Elternverein sieht darin, daß eine Lehrerin ein Kopftuch in der Schule trägt, keinen Verstoß gegen die Neutralität des Lehramts. „Das ist doch nebensächlich“, so Osman, „entscheidend ist, was eine Lehrerin in der Schule vertritt“. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) plädiert ebenso für Prüfungen im Einzelfall. Sabine am Orde
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