piwik no script img

Frauenpower nur in den unteren Etagen

■ Jürgen Rüttgers sieht die Frauen in der Wissenschaft auf dem Vormarsch. Die Zahlen zeigen, wie zäh der Fortschritt ist. Die Hälfte der Studis sind Frauen, bei den Profs sind's nur 4 Prozent

Berlin (taz) – Im neuen Jahrtausend soll jede fünfte Professorenstelle in Deutschland von einer Frau besetzt sein. Das ist das erklärte Ziel des Bundesbildungsministers Jürgen Rüttgers (CDU). Obwohl er davon meilenweit entfernt ist – der Frauenanteil liegt derzeit gerade mal bei 8,5 Prozent – legt der Bundesbildungsminister ungebremsten Optimismus an den Tag. „Der Trend stimmt“, bemerkte er gestern in der Neuen Osnabrücker Zeitung, Frauen seien in den Spitzenpositionen der Wissenschaft „eindeutig auf dem Vormarsch.“

Wie zaghaft dieser „Vormarsch“ tatsächlich vor sich geht, beweisen die nackten Zahlen: Der Frauenanteil unter den Professoren stieg von 7 Prozent (1995) auf 8,5 Prozent (1996) – und stagniert auf dieser Höhe. Professor ist zudem nicht gleich Professor. Bei den leitenden C 4, den früher so mächtigen Ordinarien, liegt der Frauenanteil konstant bei verschwindend geringen 4 Prozent. Und überhaupt gilt auch an der Uni der Grundsatz: Je höher die Qualifikation und berufliche Tätigkeit angesiedelt ist, desto geringer fällt der Frauenanteil aus.

Jeder dritte Doktorhut gehe inzwischen an Frauen, verkündet Jürgen Rüttgers – eine Durchschnittszahl. Schaut man etwas genauer hin, ist festzustellen, daß Frauen in den brotlosen Kultur- und Geisteswissenschaften zwar gut vertreten sind – 60 Prozent der Doktoranden sind dort weiblich. Bei den männerdominierten Ingenieurwissenschaften kommen sie allerdings nur auf 6 Prozent. Und auf dem Weg zur Professur sind Frauen noch schlechter gestellt: Nur 16 Prozent der Habilitationen wurden 1997 von Wissenschaftlerinnen verfaßt. Nur jeder fünfte Ruf ging im vergangenen Jahr an eine Frau.

Erfreulich ist zwar, daß der Frauenanteil an deutschen Universitäten inzwischen 49 Prozent beträgt. Mitnichten spiegelt sich diese Zahl aber in den oberen Etagen der Hochschulen wider, woran sich von allein nichts ändern wird.

Eine Chance, das zu ändern, könnte die bevorstehende Umstrukturierung der Hochschulen sein: Die geplante Budgetierung der Unis müßte von frauenfördernden Kriterien abhängig gemacht werden. Heike Spannagel

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen