: Schock! VW will Benzinpreis von 4,20 Mark
■ Niedersächsisches Institut legt Studie zur „Zukünftigen Energiepolitik“ vor. Veba, PreussenElektra und VW haben mitgewirkt. Ökosteuer und Tempolimit empfohlen
Stuttgart (taz) – Ausstieg aus der Atomenergie im Jahr 2010, Einführung einer Energiesteuer, Erhöhung des Benzinpreises auf zirka 4,20 Mark pro Liter. In Hannover müssen Ministerpräsident Gerhard Schröder gestern die Ohren geklungen haben. Denn eine während einer energiepolitischen Tagung am Rand der Schwäbischen Alb in der Evangelischen Akademie Bad Boll gestern vorgestellte Studie fordert, was Schröder erst zu einem viel späteren Zeitpunkt für realisierbar hält. Sie stammt aus dem Niedersächsischen Energie-Institut und ist zu 25 Prozent vom Wirtschaftsministerium des Landes bezahlt worden. Den Rest steuerten die Energiekonzerne Veba, PreussenElektra, die Hamburgischen Elektricitätswerke sowie Volkswagen bei. Federführend waren die Professoren Günter Altner, Hans-Peter Dürr und Gerd Michelsen von der Gruppe Energie 2010.
Die „diskursorientierte Studie“, so das Energie-Institut, solle nach dem Willen der Unternehmen zur „Fortsetzung des Dialogs in Umweltfragen“ beitragen. „Zukünftige Energiepolitik (Phase II)“ baut auf einer ersten Untersuchung aus dem Jahr 1995 auf, in der eine mögliche Senkung des Primärenergieverbrauchs auf 16 bis 23 Prozent errechnet wurde. Das neuerarbeitete Handlungsprogramm, das auf Anhörungen und Diskussionen mit Industrieunternehmen basiert, zeigt nun Wege zum totalen Ausstieg aus der Atomenergie auf. Vorgeschlagen werden staatliche Regelungen, die wettbewerbsneutral sein müßten. Die Autoren fordern die Einsetzung einer ständigen Kommission „Zukünftige Energie“, die Novellierung des Stromeinspeisegesetzes und den Ausbau regenerativer Energiesysteme wie Wasser, Wind und Sonne.
Die Mineralölsteuer solle in „langfristig festgelegten Schritten erhöht werden“. Dazu schlägt die Studie ein Szenario vor, in dem Verbrauchern und Autoproduzenten nach einer Ankündigung zwei Jahre Vorbereitungszeit bleiben. Erst danach wird der Preis pro Liter Benzin zunerst um 50 Pfennig und dann in kleineren Schritten bis 2010 auf etwa 4,20 Mark erhöht.
Die Energie-Agentur, bei der das Land Mitgesellschafter ist, wurde einst als rot- grünes Gemeinschaftsprojekt zwischen Landesregierung und Industrie gegründet. Sie entwickelt und vermarktet vor allem Energieeinsparungsmodelle. Den ersten Teil der Studie hatte Ministerpräsident Schröder seinerzeit im Gästehaus der Staatskanzlei noch selbst der Öffentlichkeit präsentiert. Sein Pressesprecher Michael Jügens erklärte gestern, ihm liege die Untersuchung noch nicht vor. Schröder werde aber demnächst dazu Stellung nehmen. Heide Platen
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